Was eigentlich meint der Bundesrat mit dem Begriff „Geschlecht“, wenn er von der „Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern“ redet? Und wie wirkt sich dies auf die Rechtsordnung und die Gesellschaft aus?

Von Dominik Lusser

Wenn die Rede davon ist, dass der Bundesrat seit dem 1. Januar 2019 aus drei weiblichen und vier männlichen Mitgliedern besteht, dann ist klar, was mit „Geschlecht“ gemeint ist. Wären Männer nicht Männer und Frauen nicht Frauen, und in dieser Eigenschaft nicht klar voneinander unterschieden, hätte man sich die unsäglichen Diskussionen über die Beteiligung von Frauen an der politischen Macht, die vor den Bundesratswahlen wieder einmal Hochkonjunktur hatten, sparen können.

Nicht so klar ist es hingegen, was der Bundesrat mit dem Begriff „Geschlecht“ meint, wenn er in seinen Zielen für das Jahr 2019 von der „Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern“ redet. Als eine der Massnahmen zur Umsetzung der Gleichberechtigung (Ziel Nr. 10), die für das Jahr 2019 geplant sind, will der Bundesrat eine Änderung des ZGB vorantreiben, welche den Geschlechtswechsel im Personenstandsregister zur Lappalie machen würde.

Die Vernehmlassung zu dieser Gesetzesänderung hat bereits 2018 stattgefunden, als noch SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga die Fäden beim Bundesamt für Justiz (BJ) in den Händen hielt. In seinen Jahreszielen hat der Bundesrat nun seine Botschaft zu diesem Geschäft für das zweite Halbjahr 2019 angekündigt. Demnach sollen nicht nur Menschen mit biologisch uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen (Intersexuelle), sondern auch sogenannte „Transgender“ „durch eine Erklärung gegenüber dem Zivilstandsbeamten ihr Geschlecht und ihren Vornamen in einem unbürokratischen, auf Selbstbestimmung beruhenden Verfahren ändern lassen können.“ Dazu müssten, wie der Bundesrat weiter ausführt, „weder medizinische Untersuchungen noch andere Voraussetzungen erfüllt sein“. Auch Minderjährige sollen von dieser neuen Möglichkeit profitieren können, wie aus dem erläuternden Bericht des BJ hervorgeht. Notfalls auch gegen den Willen ihrer Eltern.

Von Mann und Frau zu „Gender“

Zur Erinnerung: Intersexuelle Menschen leiden unter einer körperlichen Anomalie (sind also kein „drittes Geschlecht“), weswegen ihre klare Zuordnung zu einem der beiden Geschlechter unter Umständen schwierig, in extrem seltenen Fällen sogar unmöglich sein kann. Da Fehler bei der Zuordnung nicht ausgeschlossen sind, muss eine spätere Korrektur des Geschlechtseintrags möglich sein. Als „Transgender“ hingegen werden heute Menschen bezeichnet, die biologisch eindeutig Mann oder Frau sind, ihrem subjektiven Empfinden nach aber in einem Körper geboren sind, der nicht zu ihnen passt. Diese innerpsychische Zerrissenheit ist im aktuell noch gültigen Diagnosekatalog der WHO (ICD 10) als Geschlechtsidentitätsstörung aufgeführt.

Der Bundesrat lässt mit seinem Gesetzesprojekt zum vereinfachten Geschlechtswechsel durchblicken, was er neuerdings unter den „Geschlechtern“ versteht, um deren „Gleichberechtigung“ er sich bemüht; nämlich nicht mehr (nur) Mann und Frau, wie die biologische Realität sie vorgibt, sondern gefühlte „Geschlechts“-Identitäten (also „Gender“), die auf subjektivem Empfinden basieren. Dass der Bundesrat im Kontext der Gleichstellungspolitik die geschlechtliche Identität einfach vom biologischen Körper trennt, müsste nicht zuletzt all diejenigen in Aufruhr versetzen, die für Frauenrechte kämpfen. „Gar keine Freude an der Einebnung der Geschlechtergrenzen haben (…) feministische Kreise“, schrieb kürzlich Katharina Fontana in der Weltwoche. Diese trügen derzeit einen giftigen Streit mit Transgender-Aktivisten darüber aus, wer als „echte“ Frau gelten dürfe. Denn nicht jede Feministin könne sich, so Fontanas zugespitzte Formulierung, „mit der Idee anfreunden, dass ein Mann in null Komma nichts zur Frau werden kann und ein Mensch mit Penis plötzlich als weibliche Verbündete im Kampf gegen das Patriarchat anzusehen ist.“

Was Feministinnen im Ausland offenbar stark beschäftigt, sehen die wichtigen feministischen Netzwerke der Schweiz, die ganz von der queeren Welle überrollt worden zu sein scheinen, hingegen als Chance. So haben sich die „SP Frauen“ schon 2016 in „SP Frauen*“ umbenannt und kämpfen seither auch für die Anliegen von Männern, die sich als Frauen fühlen. Auch die „NGO-Koordination post Beijing Schweiz“, die rund 30 feministische Organisationen vertritt, kämpft für „Frauen*rechte“. Im Vernehmlassungsverfahren zur Revision des ZGB schloss sich die NGO-Koordination explizit der Stellungnahme von „Transgender Network Switzerland“ an. Dass durch den quasi bedingungslosen Geschlechtswechsel die Bemühungen zur Frauenförderung ad absurdum geführt werden könnten, ist offenbar kein Thema.

„Queere“ Wende

Der typisch postmoderne, völlig konturlose Gender-Begriff, der 1995 bei der UNO-Weltfrauenkonferenz in Peking in die Weltpolitik eingeführt wurde, ist das strategische Instrument eines kontinuierlichen „Prozesses der Dekonstruktion“ (Marguerite A. Peeters) von Geschlecht und Sexualität. Dass die feministische Interpretation von Gender (Gleichstellung bzw. soziale Austauschbarkeit von Mann und Frau) nun immer mehr durch die LGBT-Interpretation des Begriffs (Pluralisierung der Gender-Identitäten bzw. Gender als fliessende Nicht-„Identität“) verdrängt und radikalisiert wird, ist – wenn manche Feministinnen das auch erst jetzt zu realisieren beginnen – kein Widerspruch. Vielmehr lässt sich die Vielbödigkeit des Gender-Begriffs bis zu John Money zurückverfolgen, der in den 1950er-Jahren dem ursprünglich grammatikalischen Begriff erstmals eine sozialpsychologische Bedeutung gab.

Die Aufhebung der bipolaren Geschlechterordnung, das eigentliche Ziel von Gender, lässt sich nämlich nicht nur durch die egalitaristische Gleichstellungspolitik des Zweite-Welle-Feminismus anstreben, die auf ihre Weise bereits die Leiblichkeit von Mann und Frau marginalisiert. Die Zweigeschlechtlichkeit wird erst recht dadurch untergraben, dass die Identitäten von Mann und Frau zu subjektiven, vom Leib unabhängigen und fluiden Befindlichkeiten erklärt werden. Oder mit den Worten des Rechtsphilosophen Paolo Becchi ausgedrückt: „Die Unterschiede zu verneinen, bedeutet letztlich, Grenzen zu verneinen.“

Spätestens mit den 2006 formulierten sogenannten Yogyakarta-Prinzipien hat die queere Deutung des Gender-Begriffs auf der politischen Ebene vollends durchgeschlagen. Laut der deutschen Soziologin Gabriele Kuby (Die globale sexuelle Revolution, 2012) sind die Prinzipien „eine detaillierte Anleitung zur globalen Durchsetzung der Gender-Ideologie“. Eine Gruppe von 29 Menschenrechtsexperten verschiedener NGOs, darunter auch Vertreter von LGBT-Interessensverbänden, formulierte diese Prinzipen bei einer Tagung im indonesischen Yogyakarta und stellte sie im März 2007 im Genfer UN-Gebäude der Öffentlichkeit vor, um sie, so Kuby, „mit dem Schein der UN-Autorität zu umgeben“.

Yogyakarta-Prinzipien

„Seit ihrer Veröffentlichung vor zehn Jahren haben die Yogyakarta Prinzipien einen quasi-mythischen Status erlangt“, schrieb der britische Philosoph Daniel Moody 2017 in der Zeitschrift „Public Discourse“ (zitiert nach der dt. Übersetzung unter: dijg.de). Sie seien zwar in den Hintergrund der juristischen Debatten getreten, prägten diese aber nachhaltig, „allerdings eher assoziativ und unterschwellig als durch formelle Adaption, indem die von den Prinzipien verbreiteten Ideen den Ton der Debatte zunehmend bestimmen.“ Trotz fehlender völkerrechtlicher Legitimation beeinflussen die Yogyakarta-Prinzipien, die vorgeben, die „Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität“ anzuwenden, die Gesetzgebungsprozesse in vielen Ländern in zunehmendem Mass. Auch in der Schweiz, wo sich Parlamentskommissionen (vgl. hier) und Bundesämter mit grosser Selbstverständlichkeit auf das fragwürdige Papier berufen, so als ob es sich um einen festen Bestandteil des internationalen Rechts handelte. Auch die Definition „Geschlechtsidentität“, die der aktuell debattierten Änderung des ZGB zugrundeliegt, ist den Yogyakarta-Prinzipien entnommen: „Der Begriff der Geschlechtsidentität (engl. gender identity) bezieht sich auf das tief empfundene innere und persönliche Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, das mit dem Geschlecht, welches der betroffene Mensch bei seiner Geburt hat, übereinstimmt oder nicht.“

Gegen jede wissenschaftliche Evidenz machen die Yogyakarta-Prinzipien, und ihnen folgend der Schweizer Bundesrat, das Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein, zu einer unhinterfragbaren positiven Identität. Das ist weit mehr als ein blosser Euphemismus, wenn man die Leiden von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen wirklich ernst nimmt, die (vermutlich aufgrund traumatischer Erfahrungen) im gefühlten Widerspruch zu ihrem eigenen Körper leben müssen. Längst nicht alle Betroffenen wissen, für welche revolutionären Anliegen ihr tragisches Schicksal instrumentalisiert wird. Hinzu kommt, dass das Phänomen „Transgender“ längst nicht mehr allein diejenigen betrifft, bei denen die seltene Diagnose einer Geschlechtsdysphorie (DSM 5) oder Geschlechtsidentitätsstörung (ICD 10) zutrifft.

„Transgender“-Trend

„Transgender“ ist längst zu einem besorgniserregenden Trend geworden, der labile Persönlichkeiten anzieht. „Auf jede Person, die man ruhigstellt, indem man ihre Geschlechtsidentitätskonfusion berücksichtigt oder unterstützt, kommen 50 Personen, die man damit so unglaublich verwirrt, dass man es selbst nicht glauben würde“, sagte der kanadische Psychologe Jordan Peterson 2016 gegenüber dem Polit-Magazin „Spiked“ (zitiert nach der dt. Übersetzung unter: novo-argumente.com). Er rechnet damit, dass unsere Gesellschaft von einer Epidemie irrtümlich durchgeführter Geschlechtsumwandlungen überrollt werden wird. „Vielleicht betrifft das ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung, denen nie jemand Aufmerksamkeit geschenkt hat. Diese Menschen haben weder eine Identität noch einen Sinn ihrer selbst, weil sie ihr Selbst nicht zu artikulieren wissen. Sie haben keinen Platz in der Gesellschaft und suchen natürlich nach Gründen und Lösungen.“ Von diesen Menschen, die in ihrer Verzweiflung jede „Lösung“ ihres Problems anzunehmen bereit seien, würden nun viele denken, sie seien Transgender, warnt Peterson.

Eine im Sommer 2018 vorgestellte US-Studie ging der Frage nach, was hinter dem Phänomen der „rasch einsetzenden Geschlechtsdysphorie“ (ROGD) im Teenager-Alter steckt. Die durchgeführten Elternbefragungen führten zu dem Ergebnis, dass die meisten Teenager, die sich als „Transgender“ identifizierten, dies unter dem Einfluss einer Peergroup taten, in der sich zumindest ein anderes Mitglied im gleichen Zeitraum ebenfalls zum „Transgender“ erklärte. Ebenso berichteten die Eltern, dass bei ihren Kindern im Vorfeld der Offenlegung ihrer „Transidentität“ eine Zunahme der Nutzung von sozialen Netzwerken und Internet zu beobachten gewesen sei.

Angesichts solch ebenso gefährlicher wie fragwürdiger Dynamiken unter Jugendlichen, die nur von Gender-Ideologen als Erfolg gefeiert werden können, sind Gesetze, die den Geschlechtswechsel zum einfachen administrativen Akt erklären, mit Sicherheit das falsche Signal seitens des Gesetzgebers. Auch wenn Kanada, die USA oder Grossbritannien der Schweiz bei solchen Trends noch um ein paar Jahre voraus sein mögen, scheinen entsprechende Zahlen auch hierzulande anzusteigen. So etwa hat sich gemäss eines Berichts des St. Galler „Tagblatt“ die Zahl von Kindern und insbesondere Jugendlicher, die die „Sprechstunde Geschlechtsidentität“ der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich in Anspruch nehmen, zwischen 2009 und 2017 vervielfacht; von „anfangs ein bis zwei Anmeldungen alle zwei Monate hin zu fünf bis acht Anmeldungen pro Monat“. Laut neuesten Recherchen der Weltwoche (Nr. 5/2019) sind es mittlerweile rund 100 Minderjährige jährlich, die sich allein bei der Zürcher Uniklinik melden. Wie viele es an allen Standorten in der Schweiz zusammen sind, die solche Sprechstunden anbieten, darüber gibt es keine öffentlich verfügbaren Zahlen.

Rechtsstaat riskiert seine Legitimation

Auch der Philosoph Moody erinnert an die entscheidende Verantwortung, die dem Gesetzgeber angesichts der in Politik und Gesellschaft geführten Transgender-Debatte zukommt: „Wenn der Rechtsstaat sein Mandat nur an dem ausrichtet, wie wir uns jeweils als Personen empfinden, negiert er letztlich seine eigene Legitimation, nämlich das Regieren an dem auszurichten, wer wir sind: Männer und Frauen.“ Der britische Denker weist darauf hin, dass die Geschlechtsidentität gemäss Yogyakarta-Prinzipien gar nicht mit dem Rechtsbegriff der Menschenrechte vereinbar ist. Er warnt vor grundlegenden Veränderungen im Verhältnis von Rechten und Identität.

Nach gängigem Verständnis stehen laut Moody Rechte jemandem immer als der Person zu, die er ist: „Würde man mir beispielsweise einen britischen Pass verweigern, verletzte das meine Würde, weil ich Brite bin. Wenn man mir allerdings einen italienischen Pass vorenthalten würde, wäre das mitnichten eine Verletzung meiner Würde, weil ich kein Italiener bin.“ Man könne also, so Moody, nicht unter Berufung auf die Begriffe „Mensch“ und „Rechte“ einfach auf Identitäten und Rechte pochen, die nicht dem entsprächen, was wir seien. Denn es gäbe schlicht und einfach niemanden, der „in Grossbritannien geboren wurde und in Italien zur Welt kam“.

Die Yogyakarta-Prinzipien aber wollten uns glauben machen, uns würden unsere Rechte in zwei Schritten gewährt: „Zuerst entscheiden wir, wer wir sein möchten, und dann fordern wir die Rechte ein, die der von uns gewählten Identität zustehen. Das ist, als würde ich sagen, ich entscheide mich jetzt, Italiener zu sein, und meine Wahl berechtigt mich zum Besitz eines italienischen Passes.“ Entsprechend läuft laut Moody der gesetzliche Schutz der Geschlechtsidentität auf das Recht hinaus, zu wählen, wer wir sind, um anschliessend Rechte in Anspruch nehmen zu können, die uns aufgrund dessen, was wir unserer natürlichen Identität gemäss wirklich sind (nämlich Mann oder Frau), nicht zustehen würden. Damit aber wird laut Moody die Rechtsordnung untergraben: Wollten wir eine gültige und anwendbare Gesetzgebung, so könnten wir keine Gesetze basierend auf der Geschlechtsidentität erlassen; solche „Gesetze“ seien „eine als Recht getarnte Gesetzwidrigkeit“.

Damit aber ist auch die Behauptung falsch, die Yogyakarta-Prinzipien würden einfach die Menschenrechte auf die Geschlechtsidentität bzw. auf Transgender-Personen anwenden. Vielmehr wird hier, was das genaue Gegenteil ist, die gefühlte Geschlechtsidentität auf die Menschenrechte angewandt. Oder noch deutlicher: Die Rechtsordnung wird dem subjektiven Empfinden unterworfen und verabschiedet sich so vom Realitätsprinzip.

In letzter Konsequenz wird die Anwendung der Yogyakarta-Prinzipien laut Moody dazu führen, dass es keine Rechtsgebiete mehr geben wird, indem unmittelbar zwischen Geschlechtern unterschieden wird. Damit aber erreichen die Gender-Revolutionäre ein zentrales Ziel: eine geschlechterlose Rechtsordnung. Dass eine solche Ordnung allerdings gerechter wäre, kann nicht behauptet werden.

Gefühlszustände im Personenstandsregister?

Ganz sicher scheint sich der Bundesrat in seiner Einschätzung des Phänomens „Transgender“ aber doch noch nicht zu sein. Als 2018 die Frage im Raum stand, die Rassismusstrafnorm nicht nur auf die sexuelle Orientierung, sondern auch auf die „Geschlechtsidentität“ auszweiten (beides entspricht einer Forderung der Yogyakarta-Prinzipien), hielt der Bundesrat dem Nationalrat entgegen: „Es sollte auf jeden Fall darauf verzichtet werden, die Artikel 261bis StGB (…) um ein unbestimmtes Kriterium, dessen Tragweite nicht ausreichend voraussehbar ist, zu ergänzen.“ Der Begriff der Geschlechtsidentität sei unklar, „da er einem individuellen und zutiefst privaten Gefühl entspringt, das unabhängig vom biologischen Geschlecht, dem Zivilstand und der sexuellen Orientierung bestehe.“

Doch trotz dieser massiven Zweifel an der Bestimmbarkeit der Geschlechtsidentität beabsichtigt der Bundesrat, 2019 sein Projekt des vereinfachten Geschlechtswechsels im Personenstandsregister voranzutreiben. Damit nimmt er in Kauf, dass schon bald Gefühlszustände im Personenstandsregister und auf dem Reisepass vermerkt werden könnten, die sich übrigens bei Minderjährigen – wenn das (medizinisch-therapeutische, pädagogische oder auch gesetzliche) Umfeld nicht in die entgegengesetzte Richtung wirkt – in den allermeisten Fällen bis zum Abschluss der Pubertät in nichts auflösen.

Ob der Landesregierung die gesellschaftspolitische Revolution, die sie damit anstösst, wirklich bewusst ist? Die Schweiz wäre mit dem voraussetzungslosen Geschlechtswechsel, der als Erklärung gegenüber dem Zivilstandsbeamten am Gemeindeschalter erledigt werden könnte, europäische Spitze in Sachen Transgender-Politik. Das in vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zentrale Ordnungsprinzip der bipolaren Geschlechterordnung, die u.a. auch dem Schutz der Privatsphäre und der Sicherheit dient, wäre damit faktisch aufgehoben. Die primär Leidtragenden aber wären instabile Jugendliche, die auf der Suche nach ihrer Identität als Mann und Frau von Gesellschaft und Staat nicht nur im Stich gelassen, sondern zusätzlich verunsichert würden.

Es bleibt zu hoffen, dass die neue Vorsteherin des Justizdepartments, FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter, mehr Realitätssinn besitzt als ihre sozialdemokratische Vorgängerin, von der sie am 1. Januar 2019 dieses unsägliche Gesetzesprojekt übernommen hat.