International bekannte Wissenschaftler fordern ein Moratorium für Eingriffe in die menschliche Keimbahn mit Hilfe von Genscheren. Darüber berichtet der aktuelle Newsletter des Bioethik-Instituts IMABE (März 2019).

„Mit der Genschere vom Typ CRISPR/Cas9 werden weltweit Heilmethoden entwickelt, die ethisch unbedenklich sind, wenn sie an Körperzellen der Patienten stattfinden“, schreibt IMABE. Kritisch werde es, wenn die genetische Manipulation den ganzen Menschen betreffe und an die nächsten Generationen weitergegeben werde. „Das geschieht, wenn Spermien, Eizellen oder Embryonen genetisch verändert werden.“

Die Vision, mit Hilfe der Genschere genetische Krankheiten auszumerzen, krankheitsresistente Menschen zu schaffen oder Wunschkinder nach Mass zu kreieren, sind, wie IMABE zu bedenken gibt, weder medizinisch noch gesellschaftlich nebenwirkungsfrei. In einem Beitrag in der Wissenschaftszeitschrift „Nature“ schlagen darum 18 Spitzenforscher aus sieben Ländern eine freiwillige Verpflichtung aller Nationen vor, in den kommenden fünf Jahren auf den klinischen Einsatz von Keimbahninterventionen zu verzichten. Die Wissenschaftler hielten, so IMABE, die Methode noch für zu wenig ausgereift, um gentechnisch veränderten Embryonen das Leben zu ermöglichen. Vor allem sei das Problem der sogenannten „Off-Target-Effekte“, also der unerwünschten Nebenwirkungen, nicht gelöst, weshalb vorerst keine Schwangerschaften mit derartigen Embryonen herbeigeführt werden sollten.

Damit stellen sich die Spitzenforscher, wie IMABE weiter berichtet, gegen die Versuche ihres chinesischen Kollegen He Jiankui, der Ende November 2018 die Geburt von genmanipulierten Zwillingsmädchen verkündet hatte. Kritiker sprachen damals von unverantwortlichen Menschenversuchen.

Die grössten Risiken sehen die Forscher in der Eröffnung von Manipulationsräumen für sogenannte Designerbabys. Hier gebe es noch weit grössere Risiken als bei der Korrektur einzelner Krankheitsgene. Allerdings plädieren die Forscher nicht für ein absolutes Verbot von Veränderungen der menschlichen Keimbahn. Nach einem Zeitraum von zum Beispiel fünf Jahren soll ein Spielraum für spezifische Anwendungen solcher Veränderungen in einigen Ländern eröffnet werden. Die Forscher erachten allerdings genügend Zeit für öffentliche Debatten, eine gerechtfertigte Anwendung und ein gesellschaftlicher Konsens für notwendige Voraussetzungen eines solchen Vorgehens.

In der Schweiz ist die gentechnische Veränderung der menschlichen Keimbahn dis dato verboten. Ob aber die Schweiz dieses Verbot aufrechterhalten wird, wenn sich international die Genschere zur Manipulation des menschlichen Erbguts durchsetzen sollte, ist eine andere Frage.