Wer gendert, hofft die als patriarchalisch entlarvte Gesellschaft überwinden zu können, schreibt Anne Meinberg in der „Welt“. Die Diskussion ums Gendern sei identitätspolitisch geprägt, mit den echten Errungenschaften des Feminismus habe sie nichts mehr zu tun.

Die Sprache werde als Machtinstrument verstanden, das zu einer „Transformation“ der Gesellschaft beitragen soll, damit die als „heteronormative Dominanz empfundene Mehrheitsgesellschaft in ein Konglomerat von Kollektiven (aufgeht), die in einem geschlechtlich fluiden Multikulturalismus ihr Wohl und Heil suchen“ und somit überwunden werden könne. „Eine vermeintlich ‚geschlechtergerechte‘ Sprache soll die Bürger dazu erziehen, in diesem Sinne zu leben, zu lieben und zu handeln“, so Meinberg.

Der „alte weisse Mann“ und mit ihm das generische Maskulinum (das fälschlicherweise als männliche Form interpretiert wird) gelte es auszumerzen, beide seien zum Feindbild erklärt worden. Der Unterschied zwischen biologischem und grammatikalischem Geschlecht werde ignoriert, und es werde ein antiquiertes Gesellschaftsbild tradiert, „das Frauen zu (schwachen) Opfern stilisiert, die von einer dominanten Männerwelt unsichtbar gemacht werden sollen.“ Das Geschlechtliche des Menschen werde somit hervorgehoben. Sprachliche Entwicklung folgt jedoch stets einer Ökonomie (das Gewünschte mit geringstmöglichem Aufwand zu erzielen). Diese werde mit Füssen getreten. Die Beidnennung, die zu einer erheblichen Vergrösserung der Textmenge führt, lasse sich nicht durchhalten.

Genderstern macht Frauen unsichtbar

Auch die verschiedenen Zeichen (Genderstern, Gender_Gap, Doppelpunkt) würden nicht die Ziele der Gender-Befürworter erfüllen. Tatsächlich mache der Genderstern Frauen eher unsichtbar, weil er ausdrücklich alle Geschlechteridentitäten anspricht. Der Gender_Gap würde Frauen abhängen, wirke der Unterstrich doch wie ein Anhängsel. Der Doppelpunkt verliere seine eigentliche Funktion, nämlich wörtliche Rede einzuleiten oder auf etwas Besonderes hinzuweisen. Stattdessen werde beim Lesen nicht deutlich, ob sich das folgende „:in“ oder „:innen“ auf eine Präposition bzw. eine Ortsangabe bezieht. „Eine weitere Vermeidungsstrategie ist die Verdinglichung von Personen, von Menschen, die aus Ärzten die „Ärzteschaft“, aus Lehrern die „Lehrerschaft“ oder den „Lehrkörper“ macht. Auch dabei bleibt die Frau aussen vor.“

Diesen Widerspruch – die Frauen sichtbar zu machen bei gleichzeitiger faktischer Unsichtbarmachung – würden Gender-Befürworter ignorieren, um ihrem Feindbild gerecht zu werden: „Der Feind ist allein das generische Maskulinum, und um dieses zu vermeiden, wird an der Sprache herumgebastelt, bis sie zur Unverständlichkeit verkommt.“

Quelle: VDS, www.welt.de