Die Gender-Ideologie hätte kaum so grossen Erfolg, wenn nicht auch wirtschaftliche und politische Eliten ein grosses Interesse an ihr hätten. Die Zerschlagung der Geschlechtsidentitäten macht den Menschen orientierungs- und bindungslos, und darum leichter instrumentalisierbar.

Von Dominik Lusser

Der Begriff „Gender“ ist vor 20 Jahren bei der 4. UN-Frauenkonferenz in Peking von feministischen und homosexuellen Lobby-Gruppen mit Zustimmung des UN-Establishments in den Sprachgebrauch der UNO eingeführt worden. Die Gender-Ideologie behauptet, dass das Geschlecht keine natürliche Gegebenheit, sondern das Resultat gesellschaftlicher Prägung und somit ein Konstrukt ist, auf das man beliebig Einfluss nehmen kann. Ziel der Gender-Bewegung ist die Schaffung einer geschlechterlosen Gesellschaft und die Aufhebung der natürlichen Familie von Vater, Mutter und ihren leiblichen Kindern. Dies geschieht unter dem Vorwand, den Menschen von gesellschaftlichen Zwängen und besonders die Frau von Mann und Kindern zu befreien.

Doch diese Ideologie hätte kaum so grossen Erfolg, wenn nicht auch die wirtschaftlichen und politischen Eliten ein grosses Interesse daran hätten, diese Agenda mit Hilfe der UNO und der EU voranzubringen. Denn die Zerschlagung der Geschlechtsidentitäten und der natürlichen Familienstrukturen isoliert den einzelnen Menschen und macht ihn orientierungs- und bindungslos. Dies wiederum macht ihn anfällig für wirtschaftliche Ausbeutung und ideologische Manipulation durch die politisch Mächtigen.

Gender im Lehrplan 21…

Das fachübergreifende Thema „Gender und Gleichstellung“ wurde zwar in der überarbeiteten Fassung des Lehrplans in „Geschlechter und Gleichstellung“ umbenannt, der ideologische Inhalt jedoch vollständig beibehalten. Die von der NZZ festgestellte „ausgewogenere Formulierung“ aber ist somit nichts anderes als Augenwischerei. Denn ob die rede ist von der „prägenden und lenkenden Kraft von Männlichkeits- und Weiblichkeitsbildern“ oder neu von der Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen, Stereotypen, Vorurteilen und Klischees in Alltag und Arbeitswelt, spielt für die Erarbeitung genderideologischer Lehrmittel und somit für den Schulalltag keine Rolle. Nach wie vor bleibt das Ziel zu erkennen, das traditionelle Familienmodell aus den Köpfen der Schüler zu beseitigen. Denn bei der sogenannten „Gleichstellung der Geschlechter in Familie und Arbeit“ geht es letztlich um die gleichmässige Teilhabe von Frau und Mann am Erwerbsleben sowie die dafür notwendige Krippenplatzierung der Kinder.

Ferner sollen die Schüler auch in Bezug auf ihr Berufswahlverhalten beeinflusst werden mit dem Ziel, in allen Berufsgruppen eine Frauen- bzw. Männerquote von je 50 Prozent herzustellen. Versteckt wird dies hinter Formulierungen wie: „Unterricht in Beruflicher Orientierung fördert bei den Jugendlichen die Auseinandersetzung mit (…) geschlechtsspezifischen, sozialen und kulturellen Normen und Prägungen sowie gesellschaftlichen Diskriminierungen.“

… und die Wünsche der Schüler

Damit dient der Lehrplan 21 nicht der Entfaltung von Mädchen und Jungen, sondern ignoriert – wie empirische Studien zeigen – deren Neigungen. Eine brandneue Studie, die im Rahmen des Nationalen Forschungsprojekts „Gleichstellung der Geschlechter“ (NFP60) durchgeführt wurde, zeigt, dass von 6000 Schweizer Jugendlichen weniger als 1 Prozent einen geschlechtsuntypischen Beruf gewählt hat. Während der gesunde Menschenverstand sagt, dass in diesen Zahlen genetisch angelegte unterschiedliche Vorlieben von Männern und Frauen zum Ausdruck kommen, interpretieren die mit der Studie beauftragten Feministinnen des Basler Zentrums für Gender Studies diese überdeutlichen Ergebnisse mit Verweis auf die Harneckigkeit stereotyper Rollenbilder, die es auszuhebeln gilt.

Ferner ist in der Schweiz die Erwerbsquote von Frauen mit 77,6 Prozent im OECD-Vergleich zwar sehr hoch. Im Unterschied zu anderen Ländern des Westens arbeiten Frauen hierzulande aber oft nur Teilzeit. Während das Deutsche Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie (I-DAF) diese Fakten mit dem hohen Wohlstand in der Schweiz in Verbindung bringt, welcher die Wahlmöglichkeiten für Frauen vergrössert, reklamieren Genderisten hier eine Diskriminierung der Frau. Diese betrachten den Menschen ganz offensichtlich als bindungsloses Individuum und blenden einfach aus, dass unsere Gesellschaft nach wie vor von der Lebens- und Solidargemeinschaft der Familie bestimmt und erhalten wird, welche das Verschiedensein von Mann und Frau zur Voraussetzung hat. Ein Vergleich der Lehrplanziele mit der Wirklichkeit zeigt also, dass es dem Lehrplan 21 nicht darum geht, natürliche Potentiale zur Entfaltung zu bringen, wie es unserem humanistischen Bildungsideal entspricht, sondern darum, den Menschen im Sinne ideologischer Vorgaben zu manipulieren.

Eine OECD-Agenda?

Interessant ist, dass sich das ursprünglich marxistisch-feministische Ziel der Auflösung der Familie mit den Interessen der OECD deckt, deren Einfluss auf den Lehrplan 21 via Pisa-Studien nicht abgestritten werden kann. Die deutsche Sozialwissenschaftlerin Karin Gottschall, Mitglied der Leitungsgruppe des bereits genannten Nationalen Forschungsprogramms NFP 60 schreibt über die gesellschaftspolitischen Ziele der OECD: Diese „und die Europäische Union (…) haben sich von dem traditionellen Familienernährermodell verabschiedet und propagieren, dass jeder Erwachsene als ‚Erwerbsbürger’ seine Existenz selbst sichern solle. So soll der Wohlfahrtsstaat entlastet und die Gleichstellung der Geschlechter befördert werden.“

In der Tat kritisiert die OECD regelmässig die Schweizer Familienpolitik, so z.B. im Bericht „Closing the Gender Gap. Act Now“ von 2012. Dort heisst es, die Schweiz tue zu wenig für den Ausbau von Betreuungsstrukturen und halte Frauen von der Vollzeitberufstätigkeit ab. Hinter dieser Kritik steckt unter anderem die Sorge der Wirtschaft um den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. „Aus wirtschaftlicher Perspektive macht es wenig Sinn, gut qualifizierte Frauen Haushaltsarbeiten verrichten zu lassen“, behauptet etwa der Ökonom Alfonso Sousa-Poza, auch er Mitglied der Leitungsgruppe des des NFP 60 sowie Berater der Europäischen Kommission und der OECD.

In den technischen Berufsrichtungen ist der Fachkräftemangel am stärksten, weswegen die OECD auch auf das Berufswahlverhalten Einfluss nehmen will. Eine Studie auf der Grundlage einer PISA-Befragung zum Berufswahlverhalten von Jungen und Mädchen kommt zum Fazit: „Ebenso wie die Abwesenheit von Frauen vom Arbeitsmarkt mit geringerem Wirtschaftswachstum und geringere wirtschaftlicher Entwicklung zusammenhängt, dürfte mangelnde Chancengerechtigkeit für Männer und Frauen bei der Ausschöpfung ihres Potenzials in allen Studiengebieten und Arbeitsbereichen zur Vergeudung von Talenten und Humankapital führen.“

Unheilige Allianz

Die Gender-Inhalte im Lehrplan 21 haben wir also einer unheiligen Allianz des Feminismus mit der neoliberalen Wirtschafts-Lobby zu verdanken. Beiden geht es – aus jeweils anderen Gründen – um die Auflösung der traditionellen Familie. Was aber nach Befreiung der Frau von Herd und Kind klingt, ist im Grunde eine neue Form von Ausbeutung. Zu dieser gesellschaftspolitischen Revolution mit desaströsen Langzeitfolgen darf unsere Volksschule auf keinen Fall Hand bieten.