Vom 30. Oktober bis 1. November 2023 fand in London die erste weltweite Konferenz der „Alliance for Responsible Citizenship (ARC)“ statt. Diese versammelte bürgerlich-konservative und liberale Kräfte aus 73 Nationen und fünf Kontinenten. Ziel war es, Kräfte zu bündeln und eine hoffnungsvolle und starke Vision für die Zukunft zu entwickeln. Der Startschuss für einen kulturellen Wandel ist damit gefallen.

Von Ralph Studer

Die Gründer von ARC identifizieren den Verlust von Sinn, Ziel und Bestimmung als tieferliegende Ursache für die gegenwärtigen Krisen, Katastrophen und Konflikte. Bereits vor der Konferenz sagte der kanadische Intellektuelle Jordan Peterson, Hauptinitiant des Anlasses: „Wir von ARC glauben nicht, dass die Menschheit zwangsläufig und unausweichlich am Rande einer apokalyptischen Katastrophe steht. Wir glauben nicht, dass wir Wesen sind, die in erster Linie von Macht- und Herrschsucht getrieben werden. Wir betrachten uns und unsere Mitbürger nicht als zerstörerische Kräfte, die in einem entfremdeten Verhältnis zur unberührten und reinen Natur leben.“

Peterson zeigte auf, von welchem Menschenbild sich die Veranstalter von ARC leiten lassen: „Wir gehen davon aus, dass gläubige und entscheidungsfreudige Männer und Frauen, die nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurden, ihre Angelegenheiten mit Sorgfalt und Achtsamkeit regeln können, sodass alle Menschen davon profitieren können.“ Mit diesen Worten setzte er ein klares Signal gegen die „Dauerkrisen“, die unseren öffentlichen Diskurs bestimmen.

Was die Menschen verloren haben

Die Veranstalter der Konferenz waren sich einig, dass eine der Hauptursachen für den kulturellen und zivilisatorischen Niedergang im Verlust traditioneller Werte und der philosophischen Grundlagen der westlichen Zivilisation liegt. Gudrun Kugler, österreichische Parlamentsabgeordnete, verdeutlichte dies: „Unsere Gesellschaften haben das gemeinsame Menschenbild verloren, weshalb die gemeinsame Orientierung fehlt und es keine gemeinsame Bewegung nach vorne gibt.“ Papst Benedikt XVI. habe 2011 im deutschen Bundestag von der Ökologie des Menschen gesprochen: Der Mensch könne sich nicht aus seinem eigenen Willen heraus selbst erschaffen, sondern habe eine Natur, ein Wesen. Wenn wir das nicht ernst nähmen, würden wir unglücklich. Treffend bringt es Kugler auf den Punkt: „Der Materialismus hat sich selbst widerlegt: In einer Zeit, wo wir am meisten haben, sind wir am unglücklichsten. Gerade jetzt haben wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt verloren.“

„Wir diskutieren Randthemen“

Kritik an den deutschsprachigen Ländern äusserte Kugler in Bezug auf die debattierten Themen: „Wir diskutieren Randthemen, während uns auf die grossen Fragen auch nur Ansätze von Antworten fehlen. Da ist diese Konferenz einen grossen Schritt weiter.“ Der amerikanische Präsidentschaftskandidat Vivek Ramaswamy prangerte in seinem Referat einen „woken“ Kapitalismus als Gefahr für Wohlstand und Demokratie an. Die britische Parlamentarierin Miriam Cates betonte, dass die Wurzeln der westlichen Zivilisation im „Streben nach dem Guten, Wahren und Schönen“ liegen. Über den Freiheitsbegriff reflektierte der katholische US-Bischof Robert Barron. „Wollen Sie den tieferen philosophischen und theologischen Grund wissen“, so Barron, „warum viele junge Menschen so verloren und unglücklich sind? Das ist er: eine Freiheit, die von Verantwortung und Wahrheit getrennt ist!“

Während in den westlichen Ländern Themen wie Transgender und Fragen nach geschlechtlichen und sexuellen Identitäten die Debatte dominieren und der Fokus sich darauf richtet, welche Minderheit oder Personengruppe sich wieder verletzt oder diskriminiert fühlen könnte, werden lebenswichtige Fragen vergessen.

Gerade hier setzte der ARC-Kongress an. In Abkehr von apokalyptischen links-grünen Weltuntergangsprognosen diskutierte die Konferenz drängende Lösungen im Bereich Staat, Gesellschaft und Familie: Wie können wir die Familie als Basis eines tragfähigen sozialen Fundaments stärken? Wie fördern wir die Unternehmensfreiheiten zur Steigerung des Wohlstands bei gleichzeitiger Unterstützung der sozial Schwächeren? Wie können wir die Umwelt schützen, ohne gleichzeitig die Wirtschaft zu ruinieren? Wie schützen und stärken wir unsere Kinder angesichts steigender Zahlen von depressiven Kindern und Jugendlichen? Wie ermutigen wir unsere Kinder und wie erziehen wir sie zu Menschen, die Hoffnung ausstrahlen und Verantwortung übernehmen? Welches geistige Erbe, welche Werte wollen wir weitergeben? „Unsere Generation“, so Kugler, „ist die Brücke zwischen dem, was uns gegeben wurde und dem, was wir weitergeben werden.“

Die Welt zum Guten führen

Ein herausragender Appell – entgegen der gängigen negativen Sichtweise auf den heutigen Menschen – war die Forderung nach einem kulturellen Wandel: Der Mensch mit seiner Schöpfungskraft und seiner Kreativität stellt nicht die Ursache der gegenwärtigen Krisen dar, sondern er hält mit seinem Potenzial die Lösung der gegenwärtigen Krisen in seinen Händen. Statt „Permakrise“ stellten die Konferenzteilnehmer der gesellschaftlich oftmals propagierten pessimistischen Weltsicht eine hoffnungsvolle Zukunftsvision entgegen, die materielle Prosperität und geistige Blüte für die Menschheit bereithält.

Die Initiatoren sind überzeugt, dass es möglich ist, die Welt zum Guten zu führen. Dass es gerade die Konservativen waren, die ihre Meinung kaum mehr laut äusserten, soll der Vergangenheit angehören. Kugler betont: „Wir brauchen uns mit unserer Botschaft nicht zu verstecken – sondern dürfen sie mit Mut und Selbstvertrauen in die öffentliche Debatte einbringen.“

„Das Konzept der christlichen Vergebung“, erklärte die Autorin und Theologin Amy Orr-Ewing, „wäre ein Geschenk für jede Kultur. Denn es relativiert nicht das Böse, das getan wurde, sondern öffnet den Weg zur Erlösung.“ So könnten Familien, Gesellschaften und Nationen Frieden und Heilung erfahren. Einen entscheidenden Schlüssel zu einem kulturellen Wandel, zu Glück und Sinn sieht der Hauptinitiant Peterson in der Opferbereitschaft und in der Übernahme von Verantwortung für einen selbst, seine Familie, die Nachbarschaft und die Stadt: „Sagt die Wahrheit, übernehmt Verantwortung in eurem Umfeld – und es wird das Abenteuer eures Lebens sein.“

„Erinnern wir uns, wer wir sind“

„Erinnern wir uns, wer wir sind“, so die eindringliche Botschaft Petersons in seiner Schlussrede. „Erinnern wir die Menschen daran, wer sie sind, Männer und Frauen, nach dem Abbild Gottes geschaffene Individuen, die ewig bergauf strampeln, zur strahlenden Stadt auf dem Hügel.“ Aus der Gottesebenbildlichkeit folgt für ihn nicht nur die unveräusserliche Würde des Menschen, sondern auch die Aufgabe, die eigenen Talente zum Wohl der Menschen einzusetzen, das Gute zu suchen und die Dinge zum Besseren zu verändern. Der kanadische Intellektuelle forderte die Teilnehmer auf, sich zu fragen, was jeder Einzelne in seinem Wirkungsfeld tun kann. „Wenn genug von uns das tun, dann gibt es nichts, was wir nicht erreichen können,“ so seine Überzeugung.

Dieser erste ARC-Kongress war ein durchaus bemerkenswerter Erfolg und setzte ein starkes Zeichen der Hoffnung. „Wir haben die beste Botschaft der Welt, nämlich das Evangelium! Wir dürfen mit Mut und Selbstbewusstsein dazu stehen und an einer Kultur des Lebens, der Freiheit und der Menschenwürde mitarbeiten“, resümierte ein junges amerikanisches Paar begeistert. Die Planung für den nächsten Kongress steht denn auch bereits: Im Februar 2025 soll die nächste ARC-Weltkonferenz stattfinden.