Vieles hat uns von Zukunft CH im Jahr 2009 bewegt. Darunter war Erschreckendes, aber auch Hoffnungsvolles. Ein persönlicher Rückblick auf das letzte Jahr.
Eines der Themen, das die Schweiz wohl in diesem Jahr am meisten beschäftigt hat, war die Minarettinitiative. Schon 2008 ging die Debatte darüber los, ob ein Verbot von Minaretten überhaupt mit dem Recht auf Religionsfreiheit und dem Völkerrecht zu vereinbaren sei. Leichtfertig lehnten Bundesrat, ganze Parteispitzen, Verbände, christliche und kirchliche Vertreter die Initiative ab, ohne das Einverständnis der Menschen ihrer Basis und ohne sich vorher mit dem Wesen des Islams ausreichend auseinander zu setzen. Gerade Kirchen und Religionsgemeinschaften waren sich selten so einig bei der Äusserung zu einer Abstimmung wie bei der Minarettinitiative (siehe SEK, Reformierte Landeskirchen, SBK, EMK, HEKS, Brot für alle, Mission 21, Caritas usw.). Erschreckend dabei: Die grosse Unkenntnis über den Islam oder die bewusste Verschleierung der Tatsachen, die uns gerade tagtäglich in den islamischen Ländern begegnet. Sind sich diese Meinungsbildner bewusst, dass der Islam nicht nur Religion, sondern auch Politik und Staatsform ist? Dass diese untrennbar miteinander verbunden sind? Dass man deshalb das Thema Islam nicht einfach unter „Religionsfreiheit“ abhandeln kann? Wohl nicht, denn sonst würden sie sich nicht so unbedarft äussern, müsste man meinen. Vertreter muslimischer Verbände in der Schweiz befürworteten zudem die Einführung der Scharia, des islamischen Gesetzes, das ebenfalls untrennbar zum Islam gehört. Wann nimmt endlich jemand diese Äusserungen ernst? Erfreulich bei dieser ganzen Diskussion: Dass sich einzelne Pfarrer, Politiker und Journalisten in den letzten Monaten getraut haben, sich der Meinungen der Mainstream-Vertreter entgegen zu stellen, auch wenn sie dafür oft harte Kritik einstecken mussten. Gratulation zu so viel Mut und Engagement!
Unterschiedliche Reaktionen
Im Juli hat ein aus Russland stammender Deutscher in Dresden eine Ägypterin aus Ausländerhass erstochen. Der Fall hat Deutschland und die gesamte islamische Welt in Aufruhr versetzt. Zu Recht, denn es war eine grausame Tat. Jedoch wurde vielerorts sofort wieder gegen alle Deutsche bzw. Europäer pauschal der Vorwurf der Islamphobie laut. Im Irak wurden unterdessen Bombenanschläge auf mehrere Kirchen verübt. Zahlreiche Christen wurden dabei getötet oder verletzt, Kirchen brannten aus. Die dortige Polizei vermutete hinter einigen Anschlägen einen Racheakt für die Messerattacke in Dresden. Während im Fall Dresden Schweigemärsche organisiert und über eine Strassen- oder Schulbenennung zu Ehren der getöteten Muslimin diskutiert wurden, hörte man kaum etwas von Reaktionen auf die Vorfälle im Irak. Wo waren hier die Proteste, Stellungnahmen und Beileidsbekundungen? Der Fall Dresden ist furchtbar und die Gedenken von Bevölkerung und Politikern an die getötete Muslimin sind wichtig. Doch erschreckend dabei: das Stillschweigen, welches über Opfer unter islamischer Herrschaft ausgebreitet wird. Erfreulich jedoch: Einige wenige Hilfswerke setzen sich massiv für die noch verbleibenden 500’000 Christen im Irak ein und versuchen, den Menschen in dieser katastrophalen Zeit eine Stütze zu sein. Danke für diesen gefährlichen und doch so notwendigen Einsatz!
„Und wenn es ihn doch gibt?“
Überhaupt: Angriffe auf Christen gab es zahlreiche dieses Jahr. Ein Beispiel ganz anderer Art war der Einsatz der so genannten „Atheistenbusse“ in zahlreichen Ländern Westeuropas und auch in Amerika und Kanada. Aufschriften wie „ Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott“ waren darauf zu lesen. Die Reaktionen waren unterschiedlich. In der Schweiz wollten die Verkehrsbetriebe diese Art von „Werbung“ nicht haben und so startete die Freidenker-Vereinigung der Schweiz eine landesweite Plakataktion mit der Aufschrift „Da ist wahrscheinlich kein Gott, also sorg dich nicht, geniess das Leben.“ Erschreckend dabei: Dass einige christliche Kreise den Einsatz der Atheistenbusse und -plakate begrüssten und zum Teil sogar bereit waren, finanzielle Unterstützung zu leisten. Erfreulich jedoch: Verschiedene christliche Kreise nutzten die Kampagne ganz konkret, um Menschen wieder näher zu Gott zu bringen. Beispielsweise hängten Gemeinden in der Schweiz Plakate auf mit der Aufschrift „Es gibt wahrscheinlich einen Gott! Suchst du Kontakt mit ihm? Wir verbinden dich gerne.“ Und in Deutschland schickte Campus für Christus dem Atheistenbus einen zweiten Bus hinterher mit der Aufschrift „Und wenn es ihn doch gibt?“ Diese engagierten Christen konnten oft mehr Menschen zum Gespräch bewegen als die Atheisten und kamen sogar mit den Atheisten selbst ins Gespräch. Danke für diesen beherzten Einsatz!
Vertauschte Opfer- und Täterrollen
Eines der heftigsten Ereignisse in diesem Jahr: die Ermordung zweier deutscher Bibelschülerinnen im Jemen im Juni 2009 durch Islamisten. Die zwei Mädchen waren Studentinnen der Bibelschule Brake im westfälischen Lemgo; im Jemen arbeiteten sie als Praktikantinnen der niederländischen Hilfsorganisation „Worldwide Services“ in einem staatlichen Krankenhaus. Als ob ihre grausame Ermordung durch Extremisten nicht schon genug wäre, so hat man daraufhin begonnen, Täter und Opferrollen zu verdrehen. Mission wäre nicht mehr zeitgemäss, ja, müsse verboten werden, denn sie gefährde den Frieden in der Welt, so erklang es in den Medien, die immer wieder durchblicken liessen, dass die beiden ja letztendlich selbst Schuld an ihrer Ermordung tragen – oder doch zumindest die Bibelschule, die sie in den Jemen gelassen hatte. Man solle doch solche Bibelschulen schliessen, so lautete manche Forderung. Erschreckend, wie hier Opfer- und Täterrollen vertauscht wurden. Wie müssen sich Angehörige und Freunde der beiden ermordeten Mädchen gefühlt haben? Mal abgesehen davon, dass die beiden bei ihrem sehr kurzen Aufenthalt im Jemen nicht einmal missioniert hatten (sie waren im Einsatz für einen ausschliesslich humanitären Dienst, auch ihre Eltern betonten, dass sie dort nicht missioniert hätten): Beide Mädchen hatten sich bewusst für diesen Praktikumsplatz im Jemen entschieden, weil es für sie ein grosses Anliegen war, den Ärmsten der Welt Hilfe zukommen zu lassen. Und von solchen Menschen kann es auf unserer Welt gar nicht genug geben. Wir brauchen sie dringend und sie gehören definitiv nicht auf eine Anklagebank!
Nach dieser Tat dürfte so manchem der Gedanke gekommen sein: Wofür sich überhaupt noch einsetzen? Es lohnt sich doch eh nicht. Da kann ich es nur wie Luther halten, der sagte: „Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt zugrunde geht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ Diese hoffnungsvolle Einstellung wünsche ich uns allen für die kommende Zeit!
Beatrice Gall