Der „Rat der Religionsgelehrten“ der Kairoer Al-Azhar-Universität hat jenen Moslems, die als Wirtschaftsflüchtlinge bei der illegalen Einreise nach Europa ums Leben kommen, den Status von „Märtyrern“ für die Ausbreitung des islamischen Weltreichs verliehen. Da es sich bei diesem Gremium um eine kollegiale Lehrautorität für alle Moslems handelt, liegt damit die grundsätzliche und über Ägypten hinaus verbindliche Anerkennung der Unterwanderung des „christlichen Abendlandes“ durch Moslem-Immigranten zum Zweck der Islamisierung Europas vor. Das entzieht allen christlichen Selbsttäuschungen über die Möglichkeit eines Euro-Islams, der mit den Werten Europas vereinbar ist, endgültig den Boden.
Anlass für diesen Beschluss war die Rückführung der Leichen von 26 illegalen ägyptischen Einwanderern aus Italien. Diese waren im November 2007 beim Kentern ihres überfrachteten Bootes vor der italienischen Küste zusammen mit 150 anderen ums Leben gekommen. Radikale islamische Kreise wandten sich darauf an die Azhar-Universität mit ihrem Islamischen Forschungskomitee, um der Forderung, ihnen den Status von Märtyrern zuzusprechen, Nachdruck zu verleihen.

Die über tausendjährige islamische Universität an der Azhar-Moschee („die Leuchtende“) ist nicht nur die wichtigste theologische Lehranstalt für das heute über eine Milliarde Menschen umfassende islamische Religionsvolk, die Umma. Ihr Forschungskomitee und auf dessen Antrag der Rat ihrer Religionsgelehrten
(Ulema) ist zugleich die wichtigste Instanz für Höchstentscheidungen in Glaubens- und Sittenfragen, eine Art kollegiale päpstliche Unfehlbarkeit. An der Spitze der Ulema steht der Gross-Scheich des Azhar. Vom späten 19. bis ins letzte Drittel des 20. Jahrhunderts waren das offene, weit blickende Persönlichkeiten, der letzte von ihnen Scheich Mahmud Schaltut (1958-1963), der einen für Andersgläubige aufgeschlossenen Islam vertrat. Nach ihm hat sich aber auch an der Al-Azhar-Universität der aus Saudiarabien kommende militante Islamismus völlig durchgesetzt. Kein Wunder, dass der Rat der Ulema unter Vorsitz des heutigen Gross-Scheichs Said Muhammad Tantauwi (seit 1996) die 26 ertrunkenen Wirtschaftsflüchtlinge in die Reihen der Märtyrer erhoben hat. Jener Tantauwi, der sogar in Sachen Selbstmordattentäter den Standpunkt vertritt: „Wer sich mit Sprengstoff bepackt in die Luft jagt und dabei Feinde tötet, hat als Märtyrer zu gelten, dem Allah die Freuden des Paradieses zuteil werden lässt.“

Allein Scheich Ali Gomaa, der islamische Grossrichter für Ägypten, weigerte sich, diese Leute als Märtyrer anzuerkennen. „Zweck ihrer Emigration war es nicht, Allah zu dienen, ihre Motive waren Geldgier und leichter Verdienst“. Demgegenüber vertrat die Mehrheit der Ulemas den Standpunkt, dass der islamische Einwandererstrom nach Europa der Ausbreitung der islamischen Ordnung diene, ganz gleich, welche Motive die Auswanderer selbst bewegten. Scheich Gomaa verwahrte sich auch dagegen, die aus der islamischen Tradition belegte Erklärung von Katastrophenopfern zu „Märtyrern“ auf diesen Fall zu übertragen. Tatsächlich gibt es Beispiele, wo nach Feuerbrünsten, Erdbeben, Seenot usw. den Toten der Status islamischer Märtyrer zuerkannt wurde. Das geschah aber nicht zu ihrer persönlichen Auszeichnung, sondern im Sinn einer Art „Generalabsolution“, da im Islam nur Märtyrern die ewige Seligkeit gewiss ist. Die jetzt Betroffenen hätten sich hingegen „selbst in Todesgefahr begeben.“

Erste breitere Kritik der „Heiligsprechung“ von Auswanderern und Unterwanderern durch den Rat der Religionsgelehrten kam aus den Reihen der säkularen Nasseristen-Bewegung, den Anhängern des ehemaligen ägyptischen Staatspräsidenten Gamal Abdel-Nasser. Ihr Wochenblatt „Al-Ahali“ („Der Liberale“) schrieb: „Vier von zehn Ägyptern müssen von weniger als [umgerechnet, Anm. der Red.] zweieinhalb Franken pro Tag leben. Schuld daran ist eine korruptes System, das ihnen jetzt den siebten Himmel verspricht, wenn sie am Weg ins europäische Wohlstandsparadies ums Leben kommen!“ Es ist tatsächlich nackte Not, die immer mehr Menschen aus Nordafrika und Vorderasien dazu drängt, auf den gefährlichsten Wegen zu uns nach Europa zu kommen, wo es einem Hilfsarbeiter besser geht als Universitätsabgängern in Ägypten oder Algerien. Diese Menschen meist islamischen Glaubens verbinden mit dieser illegalen Emigration auch keinerlei missionarische Pläne und schon gar nicht die Absicht, als islamistische U-Boote oder gar erklärte Heilige Krieger Mohammeds ins christliche Abendland zu kommen. Ein fast ebenso starker Strom von Wirtschaftsflüchtlingen ergiesst sich von Ostafrika, Pakistan und Indien bis nach den Philippinen nach der Arabischen Halbinsel, nach Saudiarabien und den Golf-Emiraten, wobei viele Zuzügler in diesem Fall sogar Christen sind.

Aber einmal in Europa und sobald ihre dringendsten existentiellen Bedürfnisse befriedigt sind, wird diese Fünfte Kolonne des Weltislams in unserer Mitte sehr bald und eindringlich von Moscheepredigern, Religionslehrern und den Islam-Attaches ihrer Botschaften an ihre Moslempflicht erinnert, dass sie aufgrund ihres Glaubens verpflichtet sind, unsere Werte durch ihre islamische Kultur zu ersetzen und unserer Demokratie abzuschaffen. Und wir Christen in Europa schauen dabei zu.

Es ist richtig, dass wir als Christen zur Liebe und zur Hilfe gegenüber Notleidenden verpflichtet sind, aber wir haben auch die Aufgabe, den Frieden und die Freiheit des Staates zu schützen. Eine klare christliche Antwort auf diese Heiligsprechung von Flüchtlingen als Werkzeuge einer schleichenden Integration der europäischen in die islamisch beherrschte Welt käme deshalb nicht nur jenen Moslem-Kräften wie Scheich Ali Gomaa zugute, die sich gegen das heute vorherrschende radikale islamische Selbstverständnis zur Wehr setzen, sondern wäre auch ein klares Bekenntnis zu einem christlichen Europa.

Von Dr. Heinz Gstrein