Innerhalb weniger Tage wurde das öffentliche Leben durch den Corona-Virus auf den Kopf gestellt. In den Medien hören wir auch viel dazu, wie andere Länder die Krise meistern. Die Berichterstattung dreht sich jedoch fast nur um wirtschaftlich erfolgreiche Länder. In Gebieten, in denen die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten jedoch schon im Alltag mangelhaft ist, präsentiert sich die Situation ungleich prekärer. In solchen Ländern können besonders jene Bevölkerungsgruppen, die systemisch diskriminiert werden, mit keiner medizinischen Behandlung rechnen.

Ein Beispiel dazu ist Nordkorea. Die Bevölkerung ist eingeteilt in Bürger, die als „treu“ (28 %), „schwankend“ (45 %) oder „feindlich“ (27 %) eingestuft werden (Quelle: Open Doors). Die rund 300‘000 Christen gehören zur letzteren Gruppe, die als regimefeindlich gilt. Seit Nordkorea seine Grenze zu China geschlossen hat, gelangen kaum mehr Lebensmittel, Medikamente und Rohstoffe für die Fabriken ins Land. Die ländliche Bevölkerung ist im Frühling ohnehin gesundheitlich oft angeschlagen, da die Lebensmittelvorräte im Winter aufgebraucht wurden und die neue Ernte noch nicht da ist. Wer dann bei einer Rationierung von medizinischer Behandlung leer ausgeht, hat schlechte Chancen.

Daniel Lehner, Leiter der Menschenrechtsorganisation Open Doors Deutschschweiz, gibt Einblick in den medizinischen Alltag – notabene im Normalfall ohne Krise: „Nordkorea hat eines der schlechtesten medizinischen Versorgungssysteme der Welt. Es gibt nur wenige ausgebildete Ärzte in Nordkorea. Dort wo es welche gibt, müssen diese meistens für ihre Dienste bezahlt werden, obwohl die Gesundheitsversorgung in diesem kommunistischen Land offiziell kostenlos ist. Aber die Ärzte erhalten oft kein oder nur ein sehr niedriges Gehalt. Was normalerweise passiert, wenn jemand krank ist, ist, dass ein Familienmitglied zum ‚jangmadang‘ (dem Schwarzmarkt) geht und versucht, jemanden zu finden, der Medikamente – die oft nicht gekennzeichnet sind – verkauft. Sie beschreiben ihre Symptome und erhalten dann vom Verkäufer ‚medizinischen Rat‘ zusammen mit einem Medikament, von denen der Verkäufer sagt, dass es hilft. Niemand weiss genau, was in den Pillen enthalten ist. Der Verkäufer ist keine medizinische Fachkraft und hat nicht alle Medikamente zur Verfügung. Diese Medikamente wurden von China nach Nordkorea geschmuggelt.“

Auch Daniel Gerber, Pressesprecher von Open Doors, sagte gegenüber Zukunft CH zur aktuellen Situation in Nordkorea: „Es gibt offizielle Meldungen und inoffizielle Informationen, die uns durch Kontaktpersonen zukommen. Die Lage ist viel dramatischer, als wir uns das vorstellen können.“