Vom 26. bis zum 28. März 2010 hat im Sport- und Kulturzentrum Disentis GR das medial stark verfolgte Islamseminar „Sag, dies ist mein Weg!“ des Islamischen Zentralrats Schweiz (IZRS) stattgefunden. Vor und nach diesem Anlass wurden von verschiedenen Seiten sehr kontroverse Standpunkte zur Entwicklung des Islams in der Schweiz eingenommen. Zukunft CH fasst die wichtigsten Statements aus den Berichterstattungen, Interviews und Gesprächsrunden der vergangenen drei Monate (einmal von 2004) zusammen:
Pierre Vogel, Redner in Disentis: „Ich kann mich vom Tötungsgebot für Muslime, die vom Islam abgefallen sind, nicht distanzieren, weil ich mich sonst vom Propheten distanzieren müsste. Wenn ich mich vom Töten klar distanzieren würde, so würde ich mich vom Propheten distanzieren. Der Schutz der Religion steht an erster Stelle, dem wird alles untergeordnet.“

Abu Anas, Redner in Disentis: “Nicht gläubige Muslime sind mit einem Schwert zu köpfen.“

Ridha Ammari, Prediger in der Basler Arrahma-Moschee: „Ohne die Botschaft Mohammeds anzuerkennen, ist die ganze Menschheit auf dem Irrweg. Sie ist niedriger als ein Tier. Ja, doch, meine Glaubensbrüder, niedriger als ein Tier. Weil: Ein Tier anerkennt Allah und dient ihm.“

Guy Morin, Grüne Partei, Regierungspräsident BS: „Auch in anderen fundamentalistischen Gemeinschaften wird so gepredigt.“

Georg Kreis, Präsident der eidg. Antirassismuskommission: „Ich will mich in diesem Fall an der von Fernsehen und SVP betriebenen Medienaufmerksamkeit nicht beteiligen. Das Schweizer Fernsehen hat nur die anstössigen Passagen herausgepickt. Die Muslime stehen einmal mehr unter Generalverdacht.

Kurdin aus Biel: „Die Bieler Moscheen sind nicht Stätten des Gebets, sondern des Hasses und der Politik!“

Alain Pichard, Lehrer in Biel: „Ein Bieler SP-Schulkommissionspräsident hat vor ein paar Jahren veranlasst, dass sogenannt unreine Tiere in einem Lesebuch überklebt werden sollen, damit ein muslimisches Kind bereit war, das deutsche Alphabet zu lernen.“

Nicolas Blancho, Präsident IZRS: „Die Scharia stehe über dem Schweizer Recht habe ich nie gesagt. Ich habe stets betont, dass dies nicht der Fall ist, dass in der Schweiz das demokratische System herrscht, nicht die Scharia. Der IZRS (…) hat sich in der Vergangenheit immer wieder deutlich von jeder Form der Gewalt, die nicht durch das geltende Recht geschützt ist, distanziert. Niemand muss sich vor mir fürchten. Ich unterrichte darüber, was in unseren normativen Quellen steht. Wir kämpfen auch gegen die Leute, welche die Einführung der Scharia möchten, glauben sie mir! Wir sind nicht für Radikalismus oder Gewalt. Wir distanzieren uns von jeder Form von Gewalt, das ist so. Die Juden haben in Zürich ihr eigenes Strässchen, ihre eigenen Organisationen und Lobby. Wie die orthodoxen Juden ihr eigenes Leben haben, können wir das auch haben.“

Homepage des IZRS: „Es sollte durch das (Disentiser) Seminar klar werden, dass der Muslim für die Umsetzung seiner Religion nichts zu befürchten hat und er stolz, kräftig und selbstbewusst sagen soll: Dies ist mein Weg und davon wird mich niemand unter keinen Umständen abbringen!“ (PS: Für den IZRS ist heute nicht 20. April 2010, sondern der 8 Jamada al-Uula 1431 – vgl. www.izrs.ch)

Patric Illi, 2004: „Breaking News: Explosion in Taba, Hilton in die Luft gesprengt, viele Zionisten-Schweine in kleine, handliche Stücke zerlegt. Mind. 35 Tote, 250 Verletzte. In Gaza feiern die Massen. Allahu Akbar! Zwei Linienbusse voll mit Zionisten-Besatzungs-Bastarden gesprengt. Die Brüder erlegten min. 16 Zionisten und mehr als 91 wurden verletzt.“

Patric Illi, heute Quaasim Illi, Pressesprecher IZRS: „Leute mässigen sich. Der Islam hat mich besänftigt. Ich habe mich schon als Primarschüler mit Feuerwerk beschäftigt. Der Islam hat ein Recht auf freie Entfaltung in der Schweiz, dies im Rahmen der islamischen Normativität (abgekürzt „iN“ – vgl. Zukunft CH-Nachricht vom 6.4.2010). Bei der Basis ist Pierre Vogel sehr beliebt. Der Koran, das Wort Allahs (Gottes) kann nicht einfach verwässert und abgeändert werden! Was im Koran steht, stelle ich nicht in Frage. Der Buchstabe des Korans kann nicht relativiert werden. Wir streben kein islamisches System an in der Schweiz, keine Parallelgesellschaft. Aber es braucht den Dschihad, um eine gerechte islamische Gesellschaft einrichten zu können. Wer sagt, dass es das Fernziel des Islams ist, mit dem Dschihad die Weltherrschaft zu erreichen, hat recht. Der IZRS fordert nicht die Einführung der Scharia! Gewaltbereitschaft lehne ich ab. Wir verurteilen, dass in Arabien Christen verfolgt werden. Ob Israel aber (…) ein Existenzrecht hat, bezweifle ich. Muslime, integriert euch! Schweizer, lernt mit dem Islam zu leben!“

Andreas Wieland, Präsident ‚Graubünden Ferien‘: „Für mich, Herr Illi, sind sie ein Wolf im Schafspelz! Wenn ich Herrn Vogel auftreten sehe, kriege ich Angst! Die ganze Dynamik bei der Ausbreitung des Islams macht Angst! Eigene Schulen gründen zu wollen, ist separatistisch! Ich fühle mich provoziert!“

Wilfried Gasser, Schweizerische Evangelische Allianz: „Es liegt ein Generalanspruch des scharia-geleiteten Islams in der Luft! Die Waffe Jesu war die Liebe und nicht die Gewalt, so wie man dies aus islamischen Ländern regelmässig hört. Unsere geplante EVP-Volksinitiative ‚Verankerung des christlichen Erbes in der Verfassung‘ soll ein Bewusstsein über ihre christlichen Wurzeln und das grosse christliche Erbe in der Schweizer Bevölkerung verankern und den Einheimischen Sicherheit vermitteln.“

Oscar A. M. Bergamin, Mitglied IZRS: „Das mit dieser Initiative geht natürlich nicht! Die Schweiz hat sich eine Bundesverfassung gegeben, wonach sich der Staat gegenüber allen Religionen neutral verhält! Die Schweiz ist eine pluralistische Gesellschaft! Muslimische Kinder sollen in eigene Schulen gehen können, denn Islam ist nicht gleich Schweiz. Die Juden haben auch eigene Schulen, also dürfen wir auch! Von einer schleichenden Islamisierung kann nicht gesprochen werden! Der Islam hat heute wieder eine historische Dimension angenommen. C’est la vie, das ist so! Der Islam hat auf alles eine Antwort!“

Saida Keller-Messahli, Islam-Expertin, Zürich: „Gegen aussen versucht der IZRS, einen vernünftigen Eindruck zu vermitteln, im inneren Kreis vertreten sie aber sehr radikale Ansichten. Sie spielen nicht mit offenen Karten – das macht sie unberechenbar und gefährlich. Die Visionen Mohammeds waren eine Offenbarung. Aber der Koran ist menschengeschaffen, nicht gottgeschaffen. Er wurde viel später nach den Visionen unchronologisch von Menschen zusammengesetzt. Es ist ein Hohn, den Koran wörtlich auszulegen. Es gibt Bedrohungen und Beschimpfungen aus der Ecke des IZRS! An der Macht sind so viele Personen aus der Ecke des Mohammismus!“

Kommentar von H.K. aus Zürich in www.blick.ch am 29.1.2010: „Ob unsere Behörden derart lasch wären, wenn sich Katholiken derart radikal äussern und verhalten würden?“

Dumeni Columberg, Gemeindepräsident Disentis: „Ich vertraue den Behörden. Ich will mich da raushalten, damit ich auch nicht verantwortlich gemacht werden kann (…). Für uns geht es nicht um den Inhalt der Veranstaltung. Eine Verunglimpfung des Islams dient dem friedlichen Miteinander nicht. Kompromissbereitschaft ist unsere Tradition! Es ist nicht Aufgabe der Gemeinde Disentis, staatsgefährdende Elemente in die Schranken zu weisen und mit Zensuren müssen wir aufpassen!“

Umberto Zanin, Betriebsleiter des Sport- und Kulturzentrums Disentis: „Man soll sie in Ruhe lassen, wir haben genug zu wischen bei unserer eigenen Religion!“

Karl Gruber, Forum für einen fortschrittlichen Islam: „An der Tagung des IZRS (…) werden keine Vorstands- oder Aktivmitglieder unseres Vereins teilnehmen, weil wir die radikalen Vorstellungen dieser Organisation inzwischen zur Genüge kennen.“

Tariq Ramadan , Schweizer Islamwissenschaftler: „Es ging der SVP (bei der Minarettinitiative) von Anfang an darum, eine Atmosphäre des Konflikts zu schüren. Das war die versteckte implizite Botschaft dieser Initiative. Doch die Muslime haben sehr besonnen reagiert. Sie sind nicht in die Falle der SVP getappt. Die SVP sagt, dass der Islam als solcher ein Problem ist. Von den Muslimen und dem Islam geht keine Gefahr aus. Die Abstimmung repräsentiert weder Schweizer Werte noch Traditionen. Heute spricht man (…) in Europa von einem europäischen Islam. Das ist normal geworden. Es geht um eine grosse Anzahl Menschen, die zu integrieren sind. Keine Kultur oder Tradition ist statisch. Der Islam ist Teil der Schweizer Kultur, der Islam ist auch eine Schweizer Religion. Wir verändern die Schweizer Wurzeln nicht, wir fügen ihren Qualitäten und ihrem Reichtum etwas hinzu. Auf lokaler Ebene kann man sehen, dass sich die Muslime entwickeln und anpassen. Ich hätte nichts gegen Muslime in der Christdemokratischen Partei (CVP).

Farhad Afshar, Koordination Islamischer Organisationen Schweiz (KIOS): „Wir wollen, dass in allen Kantonen eigene Friedhöfe für Muslime eingerichtet werden. Dass bisher erst wenige Gemeinden den Muslimen einen eigenen Friedhof (…) zur Verfügung stellen, ist ein diskriminierender Akt! Damit grenzt man die Muslime auch über die Toten aus. Wenn das nächste Mal auf kommunaler Ebene ein Grabfeld abgelehnt wird, gibt’s eine Gerichtsklage! Wenn man uns eigene Grabfelder verweigert, verstösst das gegen die Religionsfreiheit!“

Quellen: Dumeni Columberg, Gemeindepräsident Disentis GR; Umberto Zanin, Betriebsleiter Sport- und Kulturzentrum Disentis; Karl Gruber, Forum für einen fortschrittlichen Islam; www.izrs.ch; www.inforel.ch; www.Pro-PLO.org, 31.8.2010; www.unibe.ch; Schweizer Fernsehen: Schweiz aktuell, de Club, 30.3.2010; 20 Minuten online, 11.3.2010; 20 Minuten, 15.3.2010; 20 Minuten, 23.3.2010; 20 Minuten, 29.3.2010; Blick am Abend, 6.4.2010; Die Weltwoche, Nr. 15/2010; Tages-Anzeiger, 24.2.2010; Tages-Anzeiger, 7.4.2010; www.blick.ch, 29.1.2010; Tages-Anzeiger, 12.4.2010