Nicht gegen, sondern für etwas sollen Christen sich einsetzen, fordert Verena Birchler, abtretende Marketing-Chefin von ERF Medien. Im anlässlich ihrer Pensionierung im Life Channel Magazin erschienenen Interview erklärt sie: „Leider profilieren sich viele Christen mit Aktionen, die gegen etwas sind. Manchmal frage ich mich, was passieren würde, wenn alle Christen sich verpflichten würden, ein Jahr lang nur konstruktiv zu aktuellen Ereignissen Stellung zu nehmen.“

Von Regula Lehmann

Auch wenn ich der Meinung bin, dass Christen bereits sehr viel Gutes für Flüchtlinge, Umweltschutz, Fairtrade, Kranke und von Armut betroffene Menschen tun, schliesse ich mich Birchlers Aufforderung zu einer positiven Ausrichtung an. Ein wichtiges Instrument bei diesem „konstruktiven Jahresprojekt“ ist die Sprache, denn sie ist entscheidend dafür, ob etwas so wahrgenommen wird, wie es gemeint ist. Rechts-links-Schubladisierungen, Klischees sowie negativ konnotierte Begriffe beeinträchtigen die objektive Wahrnehmung der Leser, Zuhörer oder Zuschauer.

Teilnehmer des „Marsch fürs Läbe“ sollten im Zug dieser vorgeschlagenen, positiven Ausrichtung ab sofort ausschliesslich als Lebensschützer bezeichnet und der Begriff Abtreibungsgegner umgehend von der Begriffsliste gestrichen werden. Dasselbe gilt, wenn es um Kirchenmitglieder geht, welche die Ehe weiterhin als Verbindung von Mann und Frau deklarieren und segnen möchten. Aussagen wie „die sind gegen Homosexuelle“ haben in einer differenzierten und wohlwollenden Kommunikation schlichtweg keinen Platz. Mitchristen, die sich für eine massvolle Migrationspolitik einsetzen, sollten nicht vorschnell als „Flüchtlingsgegner“ verurteilt werden, denn dies würde den tatkräftigen Einsatz, den viele von ihnen für Verfolgte und Notleidende leisten, missachten. Und natürlich sollte auch bei der Bewahrung der Schöpfung nicht vorschnell mit dem Finger auf die Konsum-Sünden von Mitchristen gezeigt werden. Konsequent mit gutem Beispiel voranzugehen ist deutlich konstruktiver.

Nicht verantwortbar wäre es hingegen – trotz aller Liebe zum Positiven –, ein ganzes Jahr auf den Kampf gegen Armut, Hunger, (Christen-)Verfolgung oder Menschenhandel zu verzichten. Das hat Verena Birchler wohl auch nicht gemeint. Konstruktives Handeln beinhaltet in manchen Situationen ein deutliches Nein und die Bereitschaft zum Widerstand gegen menschenfeindliche und zerstörerische Kräfte. Hinzu kommt, dass Menschen, Kirchen und Organisationen unterschiedliche Aufträge haben, die alle wichtig sind und sich ergänzen.

Mehr positive Berichterstattung, auch über die „Winkelrieds“ unserer Zeit, die sich mutig in die Speerspitzen von Lebensfeindlichkeit oder Zeitgeist-Diktatur werfen? Aber gerne!