Er gilt als einer der renommiertesten Journalisten in Deutschland und stand als Leiter der Parlamentsredaktion wie kein zweiter für die politische Berichterstattung der „Bild“. Dass Journalist Ralf Schuler nun den Hut nimmt, begründet er mit der Richtungsentscheidung der Führungsetage des Axel Springer Verlags, sich auf die Seite der Queer-Bewegung zu schlagen.

Alles begann mit einem Gastbeitrag, den eine Autorengruppe um den Münchener Kinder- und Jugendpsychiater Alexander Korte zum Thema der „Transgender-Ideologie“ Anfang Juni 2022 in der Zeitung „Die Welt“ veröffentlichte. Weil der Beitrag innerhalb und ausserhalb der Redaktion heftig debattiert wurde, veröffentlichte Springer-Chef Mathias Döpfner einen von ihm verfassten Meinungsbeitrag, in dem er sich nicht für einen offen-kritischen Diskurs aussprach, sondern sich dezidiert gegen den Gastbeitrag und seine Autoren aussprach. „Unser Haus steht für Vielfalt“, so Döpfner, der Gastbeitrag habe „einen Sound, der für jeden freien, toleranten Geist unangenehm ist“. Gastautor Alexander Korte reagierte auf die aufgeheizte Debatte mit der Aufforderung, zum Dialog zurückzukehren, während Ralf Schuler als Folge der verlagsinternen Auseinandersetzung seine Kündigung einreichte.

Dass Springer-Chef Döpfner sich auf eine derartige Weise äussert, erstaunt umso mehr, als der Springer Verlag als einziger unabhängiger Verlag Deutschlands eine von Axel Springer eigenhändig formulierte Unternehmensverfassung besitzt. Darin ist u.a. zu lesen, dass der Verlag für Freiheit, Demokratie und ein vereinigtes Europa eintritt, das Existenzrecht des Staates Israel stützt und politischen und religiösen Extremismus jeder Art ablehnt. Dass nun ausgerechnet dieser Verlag es nicht mehr zulässt, dass über die „Woke“-Bewegung kritisch berichtet wird, irritiert Schuler zutiefst. Obwohl dem Journalisten der Abschied von Bild und dem Haus Axel Springer schwerfällt, sieht er keine andere Möglichkeit, als seine Tätigkeit dort einzustellen. „Ich bin nicht bereit, für eine politische Bewegung, welcher Art auch immer, und unter ihrer Flagge zu arbeiten“, zitiert das Online-Magazin Cicero in seinem Newsletter vom 11. August 2022 aus einem Brief, in dem Schuler die Gründe für seine Kündigung erklärt. In seinen Ausführungen verweist der Journalist u.a. auf sein Aufwachsen in der ehemaligen DDR und die damit verbundenen Erfahrungen, die ihn für einseitige Meinungszensur und totalitäre Tendenzen sensibilisiert haben. Dass sich der Springer-Verlag zum Bannerträger einer Bewegung macht, die auf Sprach- und Schreibvorschriften drängt und sich für berechtigt hält, der Mehrheitsgesellschaft ihre Ideologie aufzudrücken, kann Schuler nicht mittragen. Die Regenbogen-Fahne sei, so Schuler, nicht nur Zeichen von Toleranz und Empathie, sondern auch das Banner einer Bewegung, mit der man sich nicht gemein machen dürfe, sondern sich kritisch auseinandersetzen könne und müsse. Für Schuler geht es im Ganzen nicht nur um das Thema der sexuellen Identität, sondern in einem viel grösseren Sinn darum, dass die „Marke Bild“ als klassische Boulevard-Marke in bestem Sinne Massenmarke bleibt. Sich lautstarken Micro-Milieus oder internationalen Wirtschaftseliten verpflichtet zu fühlen, hält Schuler für eine tödliche Bedrohung des Markenkerns.

Ralf Schuler ist nicht der erste Journalist, der das Medienhaus Axel Springer verlässt. Vor kurzem kündigte auch die Journalistin Judith Sevinc Basad aus ähnlichen Gründen ihren Job bei „Bild“. In einem öffentlichen Brief an Döpfner schrieb Basad: „Der Grund für meine Kündigung ist am Ende der Umgang von Axel Springer mit der woken Bewegung. Ich habe das Gefühl, dass ich nicht mehr über Gefahren berichten kann, die von dieser gesellschaftlichen Bewegung ausgehen. Und ich habe das Gefühl, dass der gesamte Verlag in dieser Sache nicht mehr hinter mir steht. Keine Thematik hat mich so sehr um den Verstand gebracht wie der Aktivismus einer kleinen Minderheit, die offiziell behauptet, für Diversität zu stehen, aber eine im Kern radikale Ideologie verfolgt“.