Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats hat der parlamentarischen Initiative „Für Abstimmungskämpfe mit lauteren Argumenten“ Ende April 2024 keine Folge gegeben. Ein erfreulicher Entscheid, der vorläufig aufatmen lässt.

Von Ralph Studer

In einer parlamentarischen Initiative fordert der ehemalige Präsident der Grünen, Balthasar Glättli, die Schaffung eines Gremiums, das „während Abstimmungskampagnen zur Beurteilung zweifelhafter Aussagen in der öffentlichen Werbung angerufen werden kann“. Zudem sollte es Stellung nehmen „zur Plausibilität und zum Wahrheitsgehalt von Argumenten und Thesen“. Offen bleibt in Glättlis Forderung, wer darüber entscheiden darf, was „richtig“ und „falsch“ ist und anhand welcher Kriterien darüber zu entscheiden ist.

Meinungsbildung grundlegend für die Demokratie

Zukunft CH berichtete bereits im August 2023 über diesen Vorstoss und sieht darin einen direkten Angriff auf die verfassungsmässig gewährleistete Meinungsfreiheit. Im Namen der „Zukunft der direkten Demokratie“, wie es Glättli formuliert, wird hier eine Stossrichtung verfolgt, die letztlich nur noch bestimmte Meinungen zulässt. Fehlen beispielsweise stichhaltige Argumente, dann soll offenbar eine Art „Wahrheitskommission“ unliebsame Meinungen Andersdenkender beseitigen und diese als „Desinformation“ bzw. „Fake News“ aus dem politischen und gesellschaftlichen Debattenraum verbannen.

Man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, dass es hier nicht um den Schutz der Demokratie geht, sondern um die Deutungshoheit und das Verschaffen politischer Vorteile. Gerade im Vorfeld von Abstimmungen ist es elementar, verschiedene Positionen zwecks Meinungsbildung zu Wort kommen zu lassen, was in einer lebendigen Demokratie eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Die gegenwärtige Unsitte mit zunehmender Diffamierung Andersdenkender, Löschen von unliebsamen Meinungen in den sozialen Medien und das Ausladen von „unbequemen“ Rednern ist unvereinbar mit unserer freiheitlich-demokratischen Staats- und Rechtsordnung.

Weltweites Vorgehen gegen „Fake News“

Glättlis Vorstoss reiht sich nahtlos in eine Reihe von nationalen und internationalen Entwicklungen ein, welche die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit weiter eingrenzen wollen: Auf nationaler Ebene strebt der Bundesrat ein Plattformregulierungsgesetz an, dessen neue Bestimmungen für Betreiber von grossen Kommunikationsplattformen gelten sollen und sich an den Regeln des Digital Services Act (DSA) der EU orientiert. Und dieser DSA hat es in sich. Eine genauere Analyse zeigt nämlich, dass dieser das aushöhlt, was er vorgibt zu schützen, nämlich das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit.

Auf internationaler Ebene sind ähnliche Bestrebungen im Gang. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete am diesjährigen World Economic Forum in Davos die Bekämpfung von sogenannten „Fake News“ als zentral. Neben dem bereits genannten DSA gehen die geplanten WHO-Verträge in die gleiche Richtung. Auch die UNO insgesamt hat sich den Kampf gegen sog. „Fake News“ und „Desinformation“ auf ihre Fahne geschrieben.

Sprechen wir Klartext

Auch wenn die Ablehnung dieser parlamentarischen Initiative durch die Staatspolitische Kommission des Nationalrats ein positives Zeichen setzt, heisst es wachsam bleiben. Die beschriebenen Vorstösse und Entwicklungen auf nationaler und internationaler Ebene sind in ihrer Gesamtheit ein eklatanter Verstoss gegen die westlichen, sich an Demokratie, Freiheit und Menschenwürde orientierenden Grundwerte.

Es ist deshalb höchste Zeit, sich für die Meinungsfreiheit stark zu machen. Das heisst auch, unsere Werte, auf denen Staat und Gesellschaft fusst, einzufordern und unsere Kantons- und Bundesparlamentarier an ihren Auftrag zu erinnern, sich für das Wohl und die Freiheit der Bürger einzusetzen