Eine neue wissenschaftliche Untersuchung von Sucht Schweiz belegt, dass höhere Preise den Alkoholkonsum von jungen Menschen erheblich senken könnten und in der Bevölkerung breite Akzeptanz finden. Bei der aktuellen Beratung des Alkoholgesetzes ignoriert aber das eidgenössische Parlament, insbesondere der Nationalrat, bisher diese nachweislich wirksame Massnahme und politisiert am Volk vorbei.
Mit dem Wertverlust des Euros sind auch die Preise für Importbiere weiter gesunken. Die billigsten Halbliter-Büchsen kosten heute nur mehr 45 Rappen. Die Schweizer Brauer werden wohl bald nachziehen müssen. Zudem schickt sich die Spirituosenbranche an, im Rahmen des aktuell debattierten Alkoholgesetzes erhebliche Steuersenkungen für inländische Brenner durchzusetzen (worauf die ausländischen Anbieter dasselbe einfordern werden). Doch mit dem Preisverfall wird der Alkoholkonsum von Jugendlichen und jungen Menschen wohl steigen, so wie dies bereits nach der Steuer- bzw. Preissenkung auf ausländischen Spirituosen von 1999 festgestellt wurde. (1)

Ein Mindestpreis oder allgemeine Preiserhöhungen würden sich als Ausweg anbieten. Deren Akzeptanz sowie Auswirkung auf den Bier- und Spirituosenkonsum wurden in einer vor kurzem veröffentlichten, im Rahmen des Suchtmonitorings durchgeführten Studie von Sucht Schweiz untersucht. Fast 20 % der im Rahmen der Studie Befragten würden bei einem Mindestpreis von 70 Rappen pro halben Liter weniger Bier kaufen. Bei einem Mindestpreis von Fr. 1.50 würden bereits 53 % der Konsumenten und Konsumentinnen weniger trinken, unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen beträgt dieser Wert gar 64 %. Die Massnahme findet auch mehrheitlich Akzeptanz: Nach einer früheren Untersuchung von Sucht Schweiz aus dem Jahr 2012 stimmen ihr 57 % zu. (2)

Die Einführung von Mindestpreisen wäre für die Mehrheit der Bevölkerung wohl auch deshalb akzeptabel, weil bereits heute durchschnittlich deutlich mehr für Bier (fast zwei Franken/5dl) und Spirituosen (25 Franken/7dl) als der erfragte Mindestpreis bezahlt wird. Allerdings geben gerade die Jugendlichen an, mit Konsumreduktion auf einen Mindestpreis zu reagieren, da sie eher billigen Alkohol kaufen. Man würde also genau diejenigen Konsumierenden am meisten beeinflussen, bei denen man eine präventive Wirkung erzielen möchte.

Bezüglich einer allgemeinen Preiserhöhung von 25 % gibt die Hälfte der Befragten der vorliegenden Studie an, dass sie weniger Alkohol kaufen würden, unter den 15- bis 19-Jährigen gar fast 70 %. Die Zustimmungsrate der Befragten zu dieser Massnahme liegt bei 55 %.

Die vorliegende Studie bestätigt internationale Untersuchungen wie den kürzlich publizierten Bericht der OECD (auf franz. und engl.), wonach die Preisgestaltung vor allem auf das Trinkverhalten von jungen Menschen einen Einfluss hat. Konsumsenkende Massnahmen sind entscheidend, denn wer als Jugendlicher bereits viel trinkt, hat ein stark erhöhtes Risiko, als Erwachsener eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln. Fast 30 % der jungen Menschen zwischen 15 und 19 Jahren trinken sich mindestens einmal im Monat in den Rausch. Dabei spielen Bier und Spirituosen die Hauptrolle.

Die aktuelle Parlamentsdebatte zur Revision des Alkoholgesetzes bietet eine Chance, Massnahmen zur Reduktion des missbräuchlichen Alkoholkonsums zu ergreifen, beispielsweise mit einem Mindestpreis, allgemeinen Preiserhöhungen oder auch einem Nachtverkaufsverbot. Steuererleichterungen, die den Preis des Alkohols gar noch senken, sind hingegen strikt zu vermeiden. Es darf nicht sein, dass bei einer Gesetzesrevision, bei der ein Hauptziel die Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs war, nun fast nur noch Absatzförderungsmassnahmen diskutiert werden, so wie Anfang Juni im Nationalrat.

Das eidgenössische Parlament steht vor richtungsweisenden Entscheidungen in Bezug auf künftige alkoholbedingte Probleme in der Schweiz. Ende Juni wird die Ständeratskommission die Möglichkeit haben, der Ausbreitung von Alkoholproblemen Einhalt zu gebieten. Ansonsten könnte die Gesetzesrevision im Wahlherbst zur reinen Schnapsförderung verkommen – mit entsprechenden Folgen für die öffentliche Gesundheit, wie wir es bereits aus der Vergangenheit kennen.

(1) www.sfa-ispa.ch/DocUpload/Einheitssteuersatz_Nr38.pdf
(2) www.suchtmonitoring.ch/docs/library/gmel_mlfzur6ih7hz.pdf, Seite 46

Mehr dazu unter:

http://www.suchtschweiz.ch/

Medienmitteilung Stiftung Sucht Schweiz