Ägypten steht nach Einschätzung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am Rande eines religiös geprägten Bürgerkrieges. Die Regierung Mursi versuche die Enttäuschung über das Versagen der Muslimbrüder auf die religiösen Minderheiten des Landes umzulenken und mache „Ungläubige Muslime, Christen, Schiiten und Atheisten“ für die Misere Ägyptens verantwortlich, so die IGFM weiter.
In der Millionenstadt Gizeh bei Kairo seien in den vergangenen Tagen mehrere Schiiten, darunter ein Geistlicher, von ihrer aufgewiegelten Nachbarschaft erschlagen worden. Schon in den vergangenen zwei Wochen attackierten mehrfach aufgestachelte Sunniten Angehörige der kleinen schiitischen Minderheit. Am 23. Juni griffen sogar mehrere Tausend Menschen bei einem Pogrom im Süden Kairos ihre schiitischen Nachbarn an. „Präsident Mursi instrumentalisiert den Bürgerkrieg in Syrien, und macht die Minderheiten zu Sündenböcken für sein eigenes wirtschaftspolitisches Scheitern“, erklärt IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin.

In den oberägyptischen Städten Asyut und Beni Suef greife die radikal-islamische al-Dschama?a al-Islamiyya Christen und Frauen, die sich offen bzw. unverschleiert auf der Strasse zeigten. Gleichzeitig, so die IGFM, ist der wohl bedeutendste islamische Fernsehprediger der Welt, Yusuf al-Qaradawi nach Ägypten eingereist und rufe dort zur Unterstützung von Präsident Mursi und seinem harten Vorgehen gegen Kritiker auf.

Präsident Mursi stellte als Reaktion auf die heftigen Massenproteste für Neuwahlen die Möglichkeit für eine neue Verfassung in Aussicht. Mursi hatte im vergangenen Jahr ohne demokratische Legitimation und unter Federführung der Muslimbrüder eine neue, islamistisch geprägte Verfassung ausarbeiten lassen. Die IGFM erklärte dazu, dass Mursi in der Vergangenheit praktische alle Versprechungen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gebrochen habe. „Jetzt muss eine neue und demokratische verfassungsgebende Versammlung berufen werden. Es ist vielleicht die letzte Chance, die tiefe Spaltung der ägyptischen Gesellschaft zu überwinden“, so IGFM-Sprecher Lessenthin.

IGFM Medienmitteilung