Schlägt das Herz in einem toten Menschen noch? Braucht ein Toter Narkosemittel? Kann bei einem Toten der Blutdruck steigen? Wenn Sie all diese Fragen verneinen, könnten Sie dem 68-jährigen Arzt Alex Frei zustimmen, der für ein Verbot der Organspende kämpft mit dem Argument: „Die Organentnahme ist eine Tötung.“

Mehr als 60 Prozent der Stimmberechtigten nahmen im Mai 2022 das neue Schweizer Transplantationsgesetz an. Dieses Gesetz definiert über die sogenannte Widerspruchsregelung alle Menschen als potentielle Organspender, die sich nicht zu Lebzeiten dagegen geäussert haben. Der Mediziner Alex Frei, zugleich Sprecher des Referendumskomitees gegen das neue Transplantationsgesetz und Vizepräsident des Vereins Äpol (Ärzte und Pflegefachpersonen gegen Organspende am Lebensende), setzt sich für ein Verbot der Organspende ein, zumindest für das der sogenannten „postmortalen“ Spende. In einem Interview mit dem „Nebelspalter“ vom 25. Januar 2023 warnt Frei davor, den Hirntod mit dem biologischen Tod des Menschen gleichzusetzen. „Der Hirntod“, so Frei, „ist ein künstliches, juristisches Kriterium, das speziell mit Blick auf das Organspenden definiert worden ist. Biologisch gesehen sind die Spender aber noch lebendig. Das Hirn ist zwar tot, aber der restliche Körper lebt noch.“ Und genau das muss er für eine erfolgreiche Transplantation auch, denn ein Organ aus einem toten Organismus würde keinem Empfänger etwas nützen.

Die Folgen für Spender und Empfänger

Die Diskrepanz zwischen Hirntod und Tod erklärt auch, warum die Spender bei der Organentnahme narkotisiert werden. Tut man dies nicht, zeigen die für tot erklärten Spender Schmerzreaktionen wie tränende Augen, kaltes Schwitzen und Bewegungen von Armen und Beinen. Der wissenschaftliche Beweis dafür, dass dies nur Reflexreaktionen des Rückenmarks sind und der Spender nichts mehr spürt, steht laut Frei weiterhin aus.

Über all dies werde die Öffentlichkeit zu wenig informiert, beklagt Frei und fordert darum, die Organspende zu verbieten – nicht zuletzt auch als Schutz für die Organempfänger, so widersprüchlich dies im ersten Moment auch klingen mag. Doch nicht wenige Berichte deuten darauf hin, dass Organempfänger ihre Persönlichkeit verändern, „wenn ein Teil eines anderen Menschen in ihnen weiterlebt“. Somit würde ein Organempfänger den Spender letztlich am Sterben hindern. Geht man von der Existenz einer Seele aus, könnte diese durch die Organspende „an das irdische Dasein gebunden bleiben“.

Wer schützt vulnerable Gruppen?

Es ist zudem durchaus realistisch, anzunehmen, dass nicht alle in der Schweiz lebenden Menschen den Inhalt der neuen Rechtsordnung verstehen, nämlich dass sie sich aktiv äussern müssen, wenn sie nicht zu Organspendern werden wollen. Anders ausgedrückt bedeutet dies: Ohne ausdrücklichen Widerspruch zur Organspende darf nun jeder Patient, der die Hirntodkriterien erfüllt, als Spender behandelt werden. Im Magazin Zukunft CH, Ausgabe 1/2022, zieht Frei den logischen Schluss, dass durch die nun geltende Widerspruchsregelung „das Recht auf Unversehrtheit des Körpers speziell eingefordert werden“ müsste – ein Recht, das eigentlich durch die Schweizer Verfassung geschützt ist. Auch auf Angehörigen von Schwerverletzten oder Schwerkranken lastet nun ein weiterer Druck. Hat nämlich der Hirntote kein schriftliches Zeugnis hinterlassen, das seinen Willen kundtut, müssen sie über Ja oder Nein einer Organspende entscheiden. Frei befürchtet, dass im Zweifelsfall viele Angehörige ihre sterbenden Verwandten zur Organentnahme freigeben könnten, da ihnen eventuell „eine Ablehnung (…) als unsolidarisches Verhalten angelastet“ werden könnte.

Freis Fazit lautet daher: Die Organspende „setzt sich über elementare ethische und wissenschaftliche Grundsätze hinweg.“