Im Rahmen der Wirtschaftskrise, welche die ganze Welt überzieht, haben Ethik und Religion „etwas zu sagen“, versichert der Erzbischof von Burgos (Spanien), Msgr. Francisco Gil Hellin. „Bischof und Seelsorger“, so sagt er, „haben die Aufgabe, das Evangelium zu verkünden, und nicht etwa die Führung in Wirtschaft und Politik zu übernehmen“. „Wir haben nicht die notwendige technische Kompetenz, um eine so komplexe Frage wie die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise anzugehen“, fügt er bei, unterstreicht aber, dass all das „nicht bedeutet, dass wir uns in die hinterste Ecke unserer Sakristeien zurückziehen und das letzte und zweitletzte Wort nur den „Experten“ überlassen sollten“.
Gemäss dem Erzbischof „haben Ethik und Religion etwas zu sagen“, „in erster Linie und hauptsächlich, weil die gegenwärtige Krise viel mehr ist als ein ökonomisches oder technisches Phänomen“. Um das zu verstehen, genüge es festzustellen, wie die gegenwärtige Situation dazu führe, „dass ganze Familien ihr Heim verlieren, ohne Arbeit verbleiben oder mit einem Lohn, der es nicht ermöglicht, für die Kosten der Hypothek aufzukommen“.

Anderseits darf man nicht vergessen, was in dieser Krise in vielen Fällen eine entscheidende Rolle gespielt hat: „Der Geiz, die Spekulation, die Ausbeutung der Schwächsten und die betrügerischen Praktiken, die zu exorbitanten und skandalösen Gewinnen für einige Unternehmensleiter geführt haben, wie auch zum Eingehen von Risiken jenseits jeder Vernunft“. In dieser Situation führt das schlechte Verhalten eines Einzelnen zu einer Beeinträchtigung „der Stabilität der Unternehmen, ja der Nation und der Männer und Frauen der Gesellschaft, in der wir leben“, bis zu dem Punkt, da „ein Geschäftsmann nicht nur mit der Zukunft eines grossen Unternehmens, sondern mit dem Leben vieler Leute oder manchmal einer ganzen Nation oder eines Kontinents spielt“.

Die Regierungen hätten seiner Meinung nach „die ernste Verantwortung, das öffentliche Wohl professionell und mit Ehrlichkeit und Gerechtigkeit zu verfolgen“. Man müsse sich fragen, „ob in der gegenwärtigen Situation die Regierungen diesen fundamentalen Notwendigkeiten entsprochen haben oder die Wirtschafts- und Finanzunternehmen einfach machen liessen, ohne andere Grenzen als ihre eigenen Interessen und die Gesetze des Marktes“. Jedenfalls sollen sich im Hinblick auf die Zukunft die Regierungen mit „neuen Kontroll- und Steuerungsmechanismen einschalten, damit sich die Hintergründe und die Situationen, welche zur gegenwärtigen Krise geführt haben, nicht wiederholen“.

Diese ganze Problematik zeige, so der Bischof, dass „die Debatte über die Ethik nicht einfach am Rand der Lösung der gegenwärtigen ökonomischen Krise verbleiben darf“. Die Wirtschaft habe in der Tat „eigene Gesetze und eine autonome Legitimität“, aber auch eine soziale Funktion, und die wirtschaftliche Entwicklung sei nie Selbstzweck und müsse immer begleitet sein von sozialer Verantwortung, weil man im Falle einer unkontrollierten Entwicklung im Allgemeinen einen Weg beschreite, „der keinen anderen Ausweg als soziale Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen Personen und sozialen Gruppen nach sich zieht“. Es sei also notwendig, so das Fazit des Erzbischofs, dass Wirtschaft und Politik „nicht einfach technische Fragen sind, sondern von der Ethik reguliert werden müssen. Das zu vergessen“, warnt er, „wäre tödlich auch für das eigene Überleben“.

Quelle: Corrispondenza Romana. dic. 08
Übersetzung: Zukunft CH