Ab Mitte Oktober 2022 könnte die Türkisch-Islamische Union Ditib an der Kölner Zentralmoschee per Lautsprecher zum Gebet rufen. Noch fehlt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Stadt und Ditib, der jedoch in den nächsten Tagen unterschrieben werden soll. „Sobald der Vertrag unterzeichnet ist, werden wir den Gebetsruf jeweils zum Freitagsgottesdienst aktuell circa gegen 13.30 Uhr auch vor dem Gebetssaal ausrufen. Vorgetragen wird der Gebetsruf live“, so der Direktor des Moscheeforums Murat Sahinarslan gegenüber dem Kölner Stadtanzeige vom 6. Oktober 2022. Voraussetzung für den Muezzinruf ist, dass die umliegende Nachbarschaft der Moscheegemeinde im Vorfeld mittels eines Flyers informiert werden muss.

Bereits vor einem Jahr hatte die Stadt Köln im Rahmen eines umstrittenen Pilotprojekts den Moscheegemeinden die Möglichkeit gegeben, dass freitags ein Muezzin zum Gebet ruft. Dies hatte Kontroversen ausgelöst. Oberbürgermeisterin Henriette Reker steht hinter dem Projekt. Sie hatte es als „Zeichen des Respekts“ deklariert. „Köln ist die Stadt der [religiösen] Freiheit und Vielfalt. Wer am Hauptbahnhof ankommt, wird vom Dom begrüsst und von Kirchengeläut begleitet“, schrieb Reker letztes Jahr auf Twitter. Auch der Kölner katholische Stadtdechant Robert Kleine befürwortet das Muezzin-Projekt.

Dagegen äusserte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Kritik. Er fürchtet um den gesellschaftlichen Frieden, wenn viele Moscheegemeinden entsprechende Anträge stellen. Gemäss einer Umfrage des Bonner General-Anzeigers im Oktober 2021 lehnen rund drei Viertel der Menschen in Deutschland ab, dass der Muezzinruf genauso selbstverständlich zu hören sein sollte wie Kirchenglocken. 64 Prozent wollen dies sogar „auf keinen Fall“. Nur 18 Prozent sprachen sich für den islamischen Gebetsruf aus. 6 Prozent waren unentschieden. In Deutschland gibt es bislang einige Dutzend Gemeinden, in denen der Muezzin zum Gebet rufen darf.

Weiterführendes zum Thema im Infoblatt von Zukunft CH „Das Phänomen ‚Muezzinruf‛ in Europa“. Download unter Zukunft CH Publikationen Download oder Bestellung unter Zukunft CH Bestellformular.