Am 22. Januar 2019 hat die Parlamentarische Versammlung des Europarats (PVER) eine Resolution mit dem Titel „Die Scharia – Die Erklärung von Kairo und die Europäische Menschenrechtskonvention“ angenommen. Obwohl die Resolution keinen zwingenden Charakter besitze, sei sie von höchster politischer Bedeutung, schreibt das „European Center for Law and Justice“ (ECLJ) in einer Pressemitteilung.

Laut dem ECLJ zeugt die verabschiedete Resolution vom Bewusstsein, dass es sich beim islamischen Gesetz um eine juristisch-religiöse Ordnung handelt, die mit dem modernen westlichen Recht in Konkurrenz steht, und zwar sowohl in Europa wie weltweit. Die PVER zeigt sich in der Resolution „hochbesorgt“ über die Tatsache, „dass die Scharia, inklusive der Bestimmungen, die der Europäischen Menschenrechtserklärung (EMRK) klar widersprechenden, in mehreren Mitgliedländern des Europarats offiziell oder offiziös angewendet werden, entweder im ganzen Land oder in Teilen des Landes.“

Beigetragen zur Annahme dieser Resolution hat auch das ECLJ, das am Vortrag im Rahmen eines Seminars Europaratsabgeordneten die Gelegenheit zum Austausch mit Frauen geboten hatte, welche die Anwendung der Scharia am eigenen Leib erfahren hatten. Eine Stunde vor der Abstimmung fasste ein niederländischer Abgeordneter die Geschichte einer dieser Frauen im Plenum des Europarats zusammen: „Wegen ihrer pakistanischen Herkunft hatte ihre Familie sie zu einer Zwangsheirat in Pakistan genötigt. Nachdem sie aus Pakistan geflohen war, dachte sie, sie könne sich in Europa nun scheiden lassen. Doch wurde ihr bald klar, dass dies nicht möglich ist, und sie wurde verfolgt, weil sie zwei Ehemänner hatte.“

Die Resolution ruft in Erinnerung, dass die Scharia mit den Menschenrechten unvereinbar ist. Folgerichtig verlangt sie die Abschaffung des islamischen Rechts in Thrakien (Griechenland), wo dieses seit dem Ende des Ersten Weltkrieges für die Belange der muslimischen Gemeinschaft immer noch gilt. Eine solch klare Haltung einzunehmen hatte sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil Molla Sali v. Griechenland vom Dezember 2018 nicht getraut. „In Strassburg scheinen also die Abgeordneten mutiger zu sein gegenüber dem politischen Islam als die Richter“, resümiert das ECLJ.

Im Gegensatz dazu fordert die Resolution Grossbritannien dazu auf, den juristischen Tätigkeiten der sogenannten „Scharia-Räte“, von denen es rund 85 geben soll, einen offiziellen Charakter zu verleihen. Dies vermutlich wegen der demographischen Stärke der muslimischen Gemeinschaft in diesem Land, so die Einschätzung des ECLJ. Die Vertreter des Liberalismus hoffen offenbar, die Scharia zu neutralisieren, indem sie deren Anwendung an Bedingungen knüpfen. Grégor Puppinck, Direktor des ECLJ, weist allerdings darauf hin, dass es sich hierbei um einen gefährlichen Kompromiss handelt.

Während 69 Abgeordnete für die Resolution stimmten, votierten die 14 türkischen und aserbaidschanischen Abgeordneten, die bei der Abstimmung zugegen waren, geschlossen dagegen. Sowohl die Türkei wie Aserbaidschan sind übrigens der „Kairoer Erklärung der Menschenrechte in Islam“ von 1990 beigetreten, welche die Gültigkeit der Menschenrechte explizit unter den Vorbehalt stellt, dass die Scharia nichts anderes vorsieht.