Am 21. Juni 2018 hat in Zürich das Forum Demokratie und Menschenrechte eine offene Diskussionsrunde zur Selbstbestimmungsinitiative durchgeführt. In zentraler Lage in den Räumlichkeiten der katholischen Hochschulgemeinde AKI wurde die provokante These debattiert, ob die Selbstbestimmungsinitiative und die Menschenrechte eher Gegensätze oder sogar Ergänzung sein könnten.

Von Urs Vögeli, Forum Demokratie und Menschenrechte

Mit Nationalrätin Regine Sauter (FDP ZH), Nationalrat Alfred Heer (SVP ZH), Gerichtsjournalistin Katharina Fontana und Schriftsteller Giuseppe Gracia war die Runde hochkarätig besetzt. Adrian Zurbriggen, stellvertretender Chefredaktor von Tamedia, moderierte die lebedinge Diskussion gekonnt. Am meisten gefreut hat es uns als Organisatoren aber, dass das Publikum einerseits sehr vielseitig besetzt war, und andererseits aktiv mitdiskutiert hat. Das hatten wir uns gewünscht. Es waren nicht nur Studenten und Professoren anwesend, sondern auch Unternehmer, Blogger, Jung und Alt.

Initiative zielt nicht auf die Menschenrechte

Bemerkenswert war die klare Ansage von Initiant Alfred Heer von der SVP, dass die Initiative nicht gegen die Menschenrechte gerichtet sei und auch nicht gegen die Freiheit oder gar gegen die internationale Zusammenarbeit, sondern gegen die ausufernde Interpretation und das nicht demokratisch legitimierte Einwirken von gewissen internationalen Institutionen in Detailfragen, die nichts mehr mit dem Kern der Menschenrechte zu tun hätten.

Pragmatismus und Rechtssicherheit

Regine Sauter verwies auf die Rechtssicherheit und Glaubwürdigkeit, die die Schweiz ihrer Ansicht nach bei Annahme der Initiative verlieren könnte. Es bestünden heute keine Probleme mit dem internationalen Recht, die das Parlament nicht pragmatisch lösen könnte. Alfred Heer intervenierte jedoch und meinte, dass das Parlament genau bei der Nicht-Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative die pragmatische Lösung dazu missbrauchte, einen unliebsamen Volksentscheid zu annullieren.

Demokratie und Menschenrechte schützen die Freiheit

In Bezug auf die Kernthese der Veranstaltung waren insbesondere die Ausführungen von Frau Fontana interessant. Demokratie und Menschenrechte hätten ein gemeinsames Ziel, die politische, gemeinschaftliche und individuelle Freiheit zu schützen. Sie gehören demnach zusammen. Die direkte Demokratie sei zwar manchmal mühsam und alles habe immer provisorischen Charakter. Dafür sei diese aber auch der beste Schutz der Freiheit.

Inflation der Menschenrechte?

Giuseppe Gracia kritisierte seinerseits die Inflation von Menschenrechten und die dadurch entstandene Moralisierung der Politik. Wer mit den Menschenrechten argumentiere, mache sich immun gegen Kritik. Dies verhindert laut dem St. Galler Publizisten eine offene politische Diskussion und Argumentation. Politische Interessen würden mit dem Begriff Menschenrechte verschleiert. Die Zentralisierung des Rechts bei internationalen Organisationen führe jedoch auch zu einer Manipulation des Rechts und zu einer Verrechtlichung des Lebens, was letztendlich die Freiheit im Namen der Freiheit zerstören könne. Explizit nannte er das Beispiel der Abtreibung.

Wir müssen, so mein Fazit aus der Veranstaltung, weitere solche Debatten anstossen, um ein gemeinsames und versöhnliches Verständnis von Demokratie und Menschenrechten zu fördern. Es gilt beide Konzepte kritisch zu hinterfragen und sie ergänzend zu verstehen. Die demokratische Selbstbestimmung ist daher womöglich ein gesundes Korrektiv zu einem überhöhten Menschenrechtsverständnis.