Laut Bericht des „Hungary Journal“ vom 10. August 2018 hat das ungarische „Ministerium für menschliche Fähigkeiten“ entschieden, die bestehenden Studiengänge im Fach Gender Studies an ungarischen Universitäten einzustellen. Eine Sprecherin des Ministeriums nannte mehrere Gründe für diesen Schritt: So gäbe es einerseits keine Nachfrage nach Gender-Absolventen auf dem ungarischen Arbeitsmarkt. Anderseits vermittelten die Gender Studies den Studenten auch kein relevantes Wissen.

Die in Ungarn regierenden christlich-konservativen Parteien kritisieren die Gender Studies schon lange als Ideologie und sprechen ihnen die Wissenschaftlichkeit ab. In der Tat sind die sozialwissenschaftlichen Gender Studies im Unterschied etwa zur Gender-Medizin keine theoretische Wissenschaft, welche die Wirklichkeit der Geschlechter erforscht, um daraus relevantes Praxiswissen zu gewinnen.

Die Gender Studies gehen viel mehr davon aus, dass die geschlechtliche Wirklichkeit des Menschen (die soziale Geschlechterrolle genauso wie die Bedeutung des biologischen Geschlechts) vollständig sozial konstruiert sei. Geschlecht sei nicht natürlich, sondern politisch, ein Ergebnis von Sprache und Machtverhältnissen. Ausgehend von diesem „Glaubenssatz“, welcher den Befunden anderer relevanter Wissenschaften diametral widerspricht, entwickeln sie Theorien der revolutionären Praxis zur Überwindung der zweigeschlechtlichen Ordnung („Zwangsheteronormativität“). Die Kampfansage der aus dem radikalen Feminismus hervorgegangenen und mittlerweile immer stärker von der Queer-Theorie beeinflussten Gender Studies richtet sich, wie die Regierung Ungarns richtig einschätzt, gegen die Geschlechterpolarität von Mann und Frau, und somit gegen Ehe und natürliche Familie, die Grundpfeiler jeder intakten menschlichen Gesellschaft.

Hinter diesem Ansinnen steht die marxistisch-postmodernistische Weltsicht, der gemäss alle sozialen Unterschiede (z.B. zwischen den Geschlechtern) unter den Generalverdacht gestellt werden, Unterdrückungsverhältnisse widerzuspiegeln, die es zu beseitigen gelte. Die Gender Studies sind somit von ihrem Ursprung und ihrer Ausrichtung her das universitäre Standbein einer links-marxistischen Gesellschaftsrevolution.

Dass die sozialwissenschaftlichen Gender Studies kaum relevantes Wissen zu Tage fördern, ist gelinde ausgedrückt. Die Disziplin, die in der Schweiz u.a. an den Universitäten Basel, Bern und Zürich studiert werden kann, bewirtschaftet grösstenteils fiktive Probleme (z.B. das ausgeprägt verschiedene Berufswahlverhalten von Mädchen und Jungen, die „ungleiche“ Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau in der Familie) oder schafft, indem sie den Geschlechterkampf anheizt oder sexuelle Vielfalt als Akt der Befreiung propagiert, sogar neue Schwierigkeiten. Umgekehrt führen die unterkomplexen und ideologisch aufgeladenen Deutungsmuster, mit denen die Gender Studies die Ungerechtigkeiten in der Welt erklären wollen, nicht selten zu Blindheit gegenüber den tatsächlichen Problemen. Die ungarische Regierung tut also gut daran, die fragwürdigen gesellschaftspolitischen Experimente unter dem Deckmantel der Wissenschaft zu beenden.

Mit Sicherheit vom Entscheid des ungarischen Ministeriums betroffen ist die „Eötvös Loránd University“ (ELTE), wo gegenwärtig 20 Studenten Gender-Lehrgänge besuchen. „Unsere Universität nimmt die Entscheidung des Ministeriums zur Kenntnis und respektiert sie“, heisst es in einer Stellungnahme der ELTE-Führung. Ob das Verbot auch für die private, von George Soros finanzierte „Central European University“ gilt, ist laut Medienberichten noch offen. Auch dort sind lediglich 20 Studenten in einem Gender-Lehrgang eingeschrieben.

In Ungarn waren die Gender Studies mit insgesamt 40 Studenten also ohnehin nicht stark vertreten. Wesentlich mehr wertvolle Ressourcen liessen sich in westeuropäischen Ländern durch die Abschaffung der Gender Studies einsparen. Z.B. auch in der Schweiz, wo gegenwärtig mit Steuergeldern 4,5 Lehrstühle für das hochumstrittene Fach aufrechterhalten werden.

Ob den Gender Studies und den von ihnen verbreiteten Ideologien allein mit Verboten beizukommen ist, die – wie im Fall der Soros-Universität – unter Umständen auch Freiheitsrechte Privater auf fragwürdige tangieren können, darf bezweifelt werden.

Laut Bericht von „Zeit Online“ kritisiert das Netzwerk der Lehrkräfte, eine Dachorganisation der Universitäts- und Hochschullehrer, die Abschaffung des Forschungszweigs als unzulässigen Eingriff in die Freiheit von Lehre und Forschung. Dass selbst in Ungarn offenbar grosse Teile der Hochschullehrer nicht erkennen, dass die Gender Studies die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft insgesamt unterminieren und dem Ruf der Universitäten schaden, offenbart die eigentliche Tragik der Diskussion um die Gender Studies.

Immerhin hat die ungarische Regierung den zerstörerischen Charakter der Gender Studies durchschaut. Davon sind wir in den westeuropäischen Ländern noch weit entfernt.