Vor 600 Jahren, am 6. Juli 1415, wurde der böhmische Reformator Jan Hus als „Ketzer“ in Konstanz hingerichtet. Die Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017, Margot Kässmann, nahm an den offiziellen Gedenkfeiern in Prag teil. Sie erinnerte, dass Jan Hus neben Martin Luther und Johannes Calvin zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Reformationszeit zähle.
„Reformation war ein breites Geschehen, eine Erneuerungsbewegung, die von vielen getragen wurde und schon im 15. Jahrhundert begann“, betonte Kässmann. Deshalb werde es im Jahr 2017 auch „keinen deutschen Lutherkult geben, sondern ein internationales Reformationsjubiläum“. Reformation werde „als Prozess erkennbar, der lange vor Luther und seinen Mitstreitern begann und bis heute fortdauert“.

Die Theologin erinnerte an Gemeinsamkeiten zwischen Jan Hus und Martin Luther. Beide hätten in ihrer jeweiligen Landessprache gepredigt – das „war ein entscheidender reformatorischer Impuls.“ Auch hätten beide Kritik am Zustand der Kirche in ihrer Zeit geübt, „als sie Korruption und Ablasshandel anprangerten. Allein die Bibel sollte religiöse Autorität haben und allein Christus sollte im Zentrum des Glaubens stehen.“ Beiden sei es um das „an der Bibel geschärfte Gewissen des Einzelnen“ gegangen“, erklärte Kässmann. Die EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017 folgte einer Einladung der „Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder“ und der „Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche“. Bei der offiziellen Gedenkfeier auf dem historischen Platz Prags, dem „Altstädter Ring“, sprach sie im Namen der EKD ein Grusswort.

Jan Hus wurde um 1370 in Husinec in Südböhmen geboren. 1390 kam er als Student an die Karls-Universität Prag und erlangte 1396 den akademischen Grad eine Magister Artium. 1400 wurde er zum Priester geweiht. Er lehrte als Professor Theologie und Philosophie und war von 1409 bis 1410 Rektor der Universität. Bereits ab 1398 wurde Hus durch Hieronymus von Prag mit den Lehren des Oxforder Theologen John Wycliff vertraut. Dieser forderte aufgrund des sittlichen Verfalls des Klerus, dass die Kirche auf Besitz und weltliche Macht verzichten solle. Ab 1402 predigte Jan Hus zehn Jahre lang in der Bethlehem-Kapelle in der Prager Altstadt und führte das gemeinsame Singen während des Gottesdienstes in der tschechischen Landessprache ein. Er kämpfte für eine Reformation der verweltlichten Kirche, forderte Gewissensfreiheit in Glaubensdingen und sah in der Bibel die einzige Autorität in Glaubensfragen.

1408 verbot der Erzbischof von Prag Jan Hus das Lesen der Messe und das Halten von Predigen. Doch der Reformator hielt sich nicht daran. Grosse Teile des Volkes standen auf seiner Seite. 1411 verhängte Papst Johannes XXIII. den Kirchenbann über Hus. Bald darauf erfolgte sein Ausschluss aus der Universität und Hus verliess 1412 Prag, um auf verschiedenen Burgen seiner adligen Unterstützer zu leben. 1414 reiste Jan Hus auf Drängen des böhmischen Königs Wenzel IV. und unter Zusicherung des freien Geleits durch den späteren Kaiser Sigismund zum Konstanzer Konzil. Dort traf er am 3. November ein, wurde jedoch schon am 28. November unter Bruch des freien Geleits eingekerkert. Seine Gegner versuchten Hus zum Widerruf seiner Lehren zu bringen. Doch der Reformator blieb standhaft.

Am 4. März 1415 verdammte das Konstanzer Konzil John Wyclif und seine Lehre. Da Wyclif damals aber schon 30 Jahre tot war, konnte das Urteil nicht mehr vollstreckt werden. Dafür wurde die Verbrennung seiner Gebeine angeordnet, was 1428 auch tatsächlich geschah. Da Jan Hus davon überzeugt war, rechtgläubig zu sein und die Autorität des Konzils nicht anerkannte, wurde er am 6. Juli 1415 als Ketzer verurteilt. Er wurde der weltlichen Gewalt übergeben und am Nachmittag desselben Tages in Konstanz mit seinen Schriften verbrannt. Seine Asche streuten die Henker in den Rhein. Die Hinrichtung leitete Pfalzgraf Ludwig. Hieronymus von Prag, ein Schüler von Hus, wurde wegen Häresie am 30. Mai 1416 in Konstanz an der gleichen Stelle durch Verbrennen hingerichtet.

Quelle: APD