In einer Pressemitteilung vom 14. November 2018 ruft der salafistisch orientierte Islamische Zentralrat der Schweiz (IZRS) „die Muslime und alle übrigen Schweizer Stimmbürger“ dazu auf, die Selbstbestimmungsinitiative (SBI) der SVP an der Urne abzulehnen. Der IZRS schliesst sich dabei dem Tonfall der Gegnerschaft an, welche die SBI irreführend als Gefahr für die Menschenrechte zu verunglimpfen sucht.

Es sei das erste Mal, dass ISRZ eine Abstimmungsempfehlung abgebe. „Der Islamische Zentralrat sieht in der SVP-Initiative eine erste Etappe auf dem Weg hin zum teilweisen Ausstieg der Schweiz aus der EMRK. Die Folge wäre ein politisches System, in dem die gerade dominierende Mehrheitsmeinung die Grundrechte der Minderheiten – mitunter der Muslime – weitestgehend aushebeln könnte, wobei Rekurse beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wirkungslos würden.“ Die SVP-Initiative stelle eine unmittelbare Gefahr „für die muslimische und andere Minderheiten in der Schweiz dar“.

Was sich die islamische Organisation, die unter der Beobachtung des Nachrichtendienstes des Bundes steht, von der mehrheitlich laizistisch ausgerichteten Rechtsprechung des EGMR konkret erhofft, bleibt indes unklar. Es ist kaum anzunehmen, dass der EGMR das Burkaverbot, welches das Schweizer Stimmvolk nächstes Jahr beschliessen könnte, im Fall einer Beschwerde als Verstross gegen die Menschenrechte beanstanden würde. Ein entsprechendes Verbot in Frankreich aus dem Jahre 2010 hat der EGMR 2014 als rechtens bestätigt. Schon 2001 liess der Strassburger Gerichtshof eine Beschwerde einer Lehrerin nicht zu, welcher die Genfer Behörden das Tragen eines Kopftuches im Unterricht untersagt hatten. Und erst letztes Jahr hat der EGMR bestätigt, dass die Basler Behörden den Besuch des Schwimmunterrichts für zwei muslimische Mädchen zurecht für obligatorisch erklärt haben.

Zwar hat der EGMR erst kürzlich auch ein Urteil gefällt, das dem IZRS gefallen haben dürfte. Die Strassburger Richter entschieden, die österreichischen Gerichte hätten die Aussagen einer Frau, die Mohammed (der eine Ehe mit einer Neunjährigen vollzogen hat) pädophile Neigungen nahegelegt hatte, zu Recht als beleidigenden Angriff auf den Propheten des Islam eingeordnet. Österreich hätte damit „das legitime Ziel der Wahrung des religiösen Friedens“ verfolgt. Trotz dieses Kniefallurteils, das „letztlich allein der Angst vor den Muslimen geschuldet ist“, ist die Argumentation des IZRS zur SBI eher fadenscheinig.

Die Vermutung liegt nahe, dass es dem IZRS vor allem um die Imageaufbesserung einer Religion geht, die dafür bekannt ist, dass sie die Menschenrechte nur unter schwerwiegenden Vorbehalten gelten lässt, nämlich nur unter dem Gebot, dass die Scharia, das islamische Gesetz, über allem steht …