Der französische Apotheker Bruno Pichon wurde 2016 mit einem provisorischen Berufsverbot sanktioniert, weil er sich mit der Begründung, dass diese auch abtreibend wirke geweigert hatte, eine Spirale zu verkaufen. Nun hat der Apotheker mit der Unterstützung des „European Center for Law and Justice“ (ECLJ) den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angerufen, um die Respektierung seiner Gewissensfreiheit durchzusetzen (EMRK, Art. 9). Bis zu einem Urteil können Jahre vergehen.

Apotheker stehen bei der Abgabe abtreibender Mittel an vorderster Front. Dennoch ist, im Unterschied zu anderen medizinischen Berufen, ihr Recht, Gewissensvorbehalte anzubringen, in der französischen Gesetzgebung nicht explizit anerkannt. Diese Ungerechtigkeit hat gemäss Nachforschungen des ECLJ Auswirkungen auf den Alltag vieler Apotheker, die nicht in Kauf nehmen wollen, gegen ihr Gewissen zu handeln.

In einem Dokumentarfilm des ECLJ zu diesem Thema erklärt die Apothekerin Élodie: „Die Pille danach verhindert die Einnistung der Eizelle und ich kann dieses kleine Wesen nicht daran hindern zu leben (…), aus Gewissensgründen kann ich es nicht.“ Leider mussten Élodie und ihre Studienfreunde, welche die Abgabe der Pille danach oder der Spirale ebenfalls nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können, feststellen, dass dies in der Praxis nicht toleriert wird. Sie waren gezwungen, auf die Ausübung ihres Berufs zu verzichten oder sie wurden entlassen.

2016 haben in einer Befragung 85 Prozent der französischen Apotheker die Einführung einer Gewissensklausel in ihrem Berufscodex gefordert. Doch die sozialistische Regierung unter Präsident François Hollande war dagegen, weil sie dadurch das „Recht“ auf Abtreibung in Gefahr sah.

Pichon beschreibt seine Motivation für den Gang nach Strassburg wie folgt: „Ich denke vor allem an die jungen Berufsgenossen, welche das Metier nicht ausüben können, das sie gewählt haben, und an alle, die den Beruf ausüben, und dies in Einklang mit ihren Überzeugungen tun möchten, und denen man dieses Recht verweigert.“

Der EGMR wird im August 2018 entscheiden, ob er auf den Fall eintritt. Wenn ja, wird eine Urteilsfindung wohl mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

Es wäre durchaus möglich, dass der EGMR Bruno Pichon Recht gibt und Frankreich verurteilt. 2011 bestätigte der Strassburger Gerichtshof, dass es den Staaten obliegt, „die tatsächliche Ausübung der Gewissensfreiheit in den Gesundheitsberufen“ zu „garantieren“. Ebenso haben Resolutionen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats „das Recht im Rahmen legaler medizinischer Behandlungen Gewissensgründe geltend zu machen“ bestätigt.