So schön freie Wochenende sind, für Mütter und Väter können sie eine grosse Herausforderung sein. Unterschiedliche Erwartungen prallen aufeinander. Ausruhen oder Familieneinsatz im Garten? Längst fällige Reparaturen ausführen oder ein Ikea-Besuch? Wandern oder chillen, einkaufen oder grillen? Kirche oder Kitesurfen, Velotour oder „hängen“ vor dem Fernseher?

Von Regula Lehmann

Die Fülle von Möglichkeiten und Angeboten sorgt für Unruhe und verlangt nach weisen Entscheidungen. Soll unser Kind die Wochenenden auf dem Sportplatz verbringen oder lieber die Pfadi besuchen? Oder halten wir uns die Wochenenden komplett für die Familie frei?

Wir kommen nicht darum herum, uns Gedanken zu machen, was der Zweck freier Wochenenden ist. Aus meiner Sicht bietet der Samstag sich für gemeinsame Aktivitäten an: Zusammen den Garten auf Vordermann bringen, Fahrräder flicken oder Fenster putzen und danach ein feines z´Nüni oder eine Fahrradtour zum See. Das Haus aufräumen und gemeinsam den Grillabend mit Freunden vorbereiten. Gemeinsam Früchte zu ernten, einen feinen Zopf für den Sonntag zu backen oder ein Ausflug in den Wald ist weit empfehlenswerter, als Kinder durch überfüllte Shoppingcenter zu zerren.

Einen besonderen Stellenwert innerhalb des Wochenendes hat in unserer Familie der Sonntag. Den Auftakt bildet das Sonntagsfrühstück. Zopf und Honig gibt es bei uns nur an diesem Tag, und, wo immer möglich, sitzen alle Familienmitglieder am Tisch.

Anschliessend besuchen wir den Gottesdienst. Er macht den Sonntag zum Feiertag. Nach einem einfachen Mittagessen bleibt Zeit zum Ausruhen oder Lesen. Sonntag ist bei uns bildschirmfreier Tag – auch der Computer ruht. Niemand verkriecht sich hinter dem Bildschirm, wir haben Musse zum Spielen, Singen oder Vorlesen. Oder wir nehmen uns Zeit, Freunde zu treffen oder den Grosseltern einen Besuch abzustatten.

An Sonntagen wird bei uns weder gewaschen noch Hausaufgaben gemacht. Unaufgeräumte Zimmer bleiben unaufgeräumt und unerledigte Hausarbeit wartet geduldig bis Montag. Damit fallen auch viele Konfliktauslöser weg.

Es soll – wie ich gelesen habe – sogar Eltern geben, die legen am Sonntag eine Erziehungspause ein. Es wird nicht ermahnt, es geht bei Gesprächen nicht Konsequenzen und Zurechtweisungen. Aus meiner Sicht eine verlockende Idee, die nach Sonntagsfrieden klingt – auf jeden Fall einen Versuch wert!

Über Jahrhunderte hinweg hat sich der Rhythmus von sechs Tagen Arbeit und einem Tag Ruhe bewährt. Versuche, Menschen acht oder neun Tage am Stück arbeiten zu lassen, führten zu signifikant mehr Krankheits- und Todesfällen. Ausruhen, um die neue Woche mit neuem Elan angehen zu können. Oder, wie Elisabeth Barrett Browning es formulierte: „Nichts bringt uns auf unserem Weg besser voran, als eine Pause.“