Das Aufwachsen mit beiden biologischen Elternteilen ist für die Entwicklung und den Lebenserfolg eines Kindes zentral. Für eine Adoption sollte wenigstens dem zweigeschlechtlichen Ursprung jedes Kindes Rechnung getragen werden. Ein Abweichen von dieser Vorgabe der Natur käme einem nicht verantwortbaren sozialen Experiment gleich. Dennoch treiben starke politische Kräfte die gleichgeschlechtliche „Elternschaft“ immer mehr voran. Aus Sicht der Wissenschaft stellt dies eine ideologische Zwängerei dar.

Von Dominik Lusser

Das kürzlich beschlossene Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare beschränkt sich nicht auf die wenigen Fälle der Stiefkindadoption. Bringt eine lesbisch orientierte Frau ein Kind zur Welt, kann deren eigetragene Partnerin künftig legal die zweite „Mutter“ dieses Kindes werden. Und wenn sich ein schwuler Mann über eine Leihmutter im Ausland ein Kind „besorgt“, wird dessen Lebenspartner  – wie das Bundesrgericht in einem Urteil von 2015 bereits in Aussicht gestellt hat – künftig als zweiter „Vater“ anerkannt werden müssen. Dadurch wird auch der Druck steigen, menschenverachtende Verfahren wie die Leihmutterschaft in der Schweiz zu legalisieren.

Das natürliche Herkunftsnarrativ ist für die Identität des Kindes (als Mädchen oder Junge) zentral. Brüche, z.B. durch Tod oder Scheidung, werden als sehr schmerzhaft erlebt. Auch sind diese oft mit Schwierigkeiten verbunden, die bis ins Erwachsenenalter und das eigene partnerschaftliche Erleben nachwirken können. Nun aber sollen mit dem neuen Adoptionsrecht solche tragischen Fälle zur Normalität erhoben und gesetzlich begünstigt werden.

Propaganda statt „Wissenschaft“

Bei der Tagung „Wer darf Eltern sein – Familienkonstellationen und die Entwicklung der Kinder“ vom 17. Juni 2016 an der Uni Freiburg vertrat die Psychologin Nathalie Meuwly in ihrem Referat „Zwei Mamis oder zwei Papis reichen“ die sogenannte „Kein Unterschied“-Theorie. Diese besagt, es spiele keine Rolle, ob Kinder bei beiden biologischen Eltern oder bei einem Homo-Paar aufwachsen. Eine kritische Prüfung der weltweit rund 80 Studien, die diese Theorie zu untermauern scheinen, zeigt jedoch, dass keine einzige dieser Studien beweist, was ihre Autoren behaupten.

Ein typisches Beispiel hierfür ist die einzige im deutschsprachigen Raum durchgeführte Studie (Rupp 2009) [1], auf die sich sogar der Bundesrat in seinen Erläuterungen zur Vernehmlassung des neuen Adoptionsrechts berief. In der Studie wurden 1059 homosexuell lebende erwachsene Personen befragt. Ihre Aussagen bezogen sich auf 693 Kinder, von denen 92% seit Geburt bei einem leiblichen Elternteil, fast immer der Mutter, lebten. Von den 332 Kindern, bei denen es Informationen zum ausserhalb der Regenbogen-„Familie“ lebenden leiblichen Elternteil (fast immer der Vater) gab, hatten 74% der Kinder eine Beziehung zu diesem. Befragt wurden zudem 95 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 19 Jahren. Sie wurden von ihren „Eltern“ ausgewählt. Die meisten (78%) stammten aus einer früheren heterosexuellen Partnerschaft und hatten im Mittel die ersten fünf Jahre gemeinsam mit Mutter und Vater verbracht. Zum Zeitpunkt des Beginns der Homo-„Familie“ waren sie durchschnittlich 7,6 Jahre alt. 66% hatten zum Zeitpunkt der Befragung eine Beziehung zum leiblichen Vater. Somit ist klar: Die Befunde der Rupp-Studie sind nicht übertragbar auf Adoptivkinder, die von Geburt an bei einem fremden, homosexuell lebenden Paar aufwachsen und nie die männlich-weibliche Doppelstruktur als Grundlage ihres eigenen Lebens im Alltag erleben. „Die meisten der befragten Kinder hatten also einen konkreten Zugang zu ihrem eigenen zweigeschlechtlichen Ursprung, er war dadurch fest in ihrem Denken verankert“, so die Kinderärztin Christl R. Vonholdt in ihrer Kritik.

Verschwiegene Kritik

In einer Meta-Studie (2012) [2] untersuchte Loren Marks 59 Studien der „Kein Unterschied“-Theorie u.a. darauf, für welche Auswirkungen homosexueller Elternschaft sich deren Autoren interessierten. Anstatt objektiv messbare Faktoren wie z.B. Armut, Bildung, Kriminalität, frühe Schwangerschaften oder Suchtverhalten zu untersuchen, wurden in den meisten dieser Studien die Eltern nach dem Wohlergehen ihrer Kinder befragt. Und dies, obwohl die Beurteilung von Kindern durch ihre Eltern in der empirischen Sozialforschung als subjektiv und tendenziell zu positiv gefärbt gilt. Laut Marks liegt das Problem oft auch in der geringen Datenmenge, die die Feststellung signifikanter Unterschiede zwischen den Familien-Konstellationen gar nicht erst zulässt. Marks Kritik trifft auch Studien, die nach 2012 erschienen: z.B. die italienische Studie Baiocco et al. (2015), oder die von Meuwly zitierte Studie von Bos et al. (2016).

Ein paar weitaus grösser angelegte Studien – deren Existenz Meuwly an der Freiburger Tagung allerdings einfach unterschlug – legen hingegen signifikant negative Auswirkungen von Homo-„Elternschaft“ nahe. Nach Regnerus (USA 2012) [3] beispielsweise haben Kinder, die in intakten biologischen Familien aufwachsen, erheblich bessere Startbedingungen für das Leben als Kinder mit homosexuellem Familienhintergrund. Verglichen wurden die Kindheitssituationen von fast 3‘000 inzwischen erwachsenen Personen mit deren aktueller Lebenssituation: Die Personen, welche in ihren intakten biologischen Familien aufwuchsen, waren im Schnitt höher gebildet, bei besserer psychischen und physischen Gesundheit, hatten weniger Drogenerfahrungen, zeigten weniger kriminelle Auffälligkeiten und grundsätzlich eine höhere Zufriedenheit. Hinzu kamen bei Kindern mit homosexuellem Familienhintergrund grössere Schwierigkeiten, eine dauerhafte Beziehung zu einem anderen Menschen aufzubauen.

Biologische Eltern sind nicht ersetzbar

Viel gewichtiger für die vorliegende Frage als die insgesamt wenigen Pro- und Kontra-Studien zur Homo-„Elternschaft“ sind die umfangreichen und differenzierten Befunde von mindestens vier Jahrzenten Familienforschung. Die führenden Bindungsforscher in Deutschland Karin und Klaus Grossmann weisen in ihren Werken auf den deutlich unterschiedlichen Einfluss von Vater und Mutter auf die Entwicklung ihrer Kinder hin: Beide zusammen legen erst die Grundlagen für psychische Sicherheit. 20’000 Langzeit-Studien allein zu der Frage, wie es Kindern bei nur einem biologischen Elternteil geht im Vergleich zu Kindern, die bei beiden biologischen Elternteilen aufwachsen, besagen: Kindern mit beiden biologischen Elternteilen geht es in aller Regel besser. Forscher der Princeton University (2009) beispielsweise kamen in einer Langzeitstudie mit 20‘000 Kindern zum Ergebnis, „dass es Kindern, die in einem Haushalt mit nur einem biologischen Elternteil aufwachsen, durchschnittlich schlechter geht als Kindern, die bei ihren beiden biologischen Eltern aufwachsen… und zwar unabhängig davon, ob der alleinerziehende Elternteil wieder eine Ehe eingeht.“ Es kommt also tatsächlich auf die Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern an, und nicht bloss darauf, dass es zwei „Eltern“ hat.

Soziale Experimente mit Kindern?

Alleinerziehenden- und Patchworkfamilien sind nicht ursprünglich angestrebt, sondern Ergebnisse schmerzhafter Brüche. Psychologen empfehlen darum eindringlich, dem Kind auch regelmässige Kontakte zum abwesenden Elternteil zu ermöglichen. Mit der Homo-„Elternschaft“ hingegen wird die Trennung von mindestens einem biologischen Elternteil zum Prinzip erhoben. Zudem wird dem Kind, das bei zwei „Vätern“ oder „Müttern“ aufwachsen muss, gezielt sein zweigeschlechtlicher Ursprung vorenthalten. Die Forschung zeigt deutlich: Ein am Kindeswohl interessiertes Adoptionsrecht muss jede Form von Homo-Adoption ausschliessen. Denn mit Kindern macht man keine sozialen Experimente; erst recht dann nicht, wenn erstens kein Mangel an adoptionswilligen heterosexuellen Paaren vorliegt, und zweitens der Ausgang solcher Experimente vorhersehbar negativ sein wird.

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[1] Rupp, M (2009), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, Köln: Bundesanzeiger Verlag.

[2] Marks, L (2012), Same-sex parenting and children’s out-comes: A closer examination of the Ame-rican psychological association’s brief on lesbian and gay parenting, Social Science Research, 41: 735-351.

[3] Regnerus, M (2012), How different are the adult children of parents who have same-sex relationships? Findings from the New Family Structures Study, Social Science Research, 41: 752–770.

[4] McLanahan S, Sandefur G (2009), Growing up with a single parent: What hurts, what helps, Harvard University Press.