Die Reaktionen um das „Nein“ von Thomas Börner, Chefarzt der Elbe-Jeetzel-Klinik in Dannenberg/Niedersachsen, zu Abtreibungen veranlasst die Deutsche Evangelische Allianz zu dem Hinweis, dass nach der gegenwärtigen Rechtslage in Deutschland eine Abtreibung „höchstens die Ausnahme“ sein könne, nicht jedoch die Regel. Das Netzwerk evangelisch-reformatorisch gesinnter Christen aus den verschiedenen Kirchen und Gemeinschaften beklagt, dass es mit etwa 100‘000 registrierten Abtreibungen in Deutschland pro Jahr bei den Schwangerschaftsabbrüchen nicht mehr um aussergewöhnlich begründete Notsituationen gehe, sondern ein „unkontrolliertes Massenphänomen” eingetreten sei.

Der Vorsitzende der Evangelischen Allianz, Ekkehart Vetter, und Allianz-Generalsekretär Hartmut Steeb, nehmen laut der Nachrichtenagentur APD in einer Presseerklärung den Chefarzt in Schutz. Sie betonen: Börner habe mit seinem grundsätzlichen Nein angesichts der Gesetzes- und Rechtslage seine Verantwortung wahrgenommen und darüber hinaus von seiner Glaubens- und Gewissensfreiheit Gebrauch gemacht. Wenn jetzt zwar die Gewissensfreiheit für ihn selbst anerkannt werde, ihm aber untersagt werden sollte, seine Haltung auch für seinen Verantwortungsbereich gelten zu lassen, wäre das ein ethischer Skandal. „Selbstverständlich muss es einem Vorgesetzten möglich sein, die ethischen Rahmenrichtlinien für seine Mitarbeiter vorzugeben.”

„Abtreibungen kein Qualitätskriterium für Krankenhäuser“

Die Vorgänge um das entschlossene Nein von Chefarzt Thomas Börner in Dannenberg zu Abtreibungen müssten zu einer längst erforderlichen Überprüfung der Verfahrensweise führen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom Mai 1993 gefordert habe, so die Evangelische Allianz. Deshalb erwarteten Vetter und Steeb von den Regierenden in Bund und Ländern sowie von den Verantwortlichen in Kirche, Diakonie und Caritas, dass sie öffentlich deutlich machten, dass es ein unumstössliches Recht auf Leben für jeden Menschen, auch für den Ungeborenen, gebe. Das Recht auf Beratung, Begleitung, Fürsorge und Hilfe für Schwangere in Notsituationen dürfe aber nicht durch ein Ja zur Tötung eines ungewollten, ungeplanten Kindes und als Konfliktlösung in Lebenslagen ersetzt werden. Es könne nicht sein, dass das Angebot von Abtreibungsmöglichkeiten als „Qualitätskriterium“ für Krankenhäuser angesehen und bei einer Ablehnung von Abtreibungen mit Subventionskürzungen seitens des Staates gedroht werde. Organisationen, die „von einem Recht auf Abtreibung“ redeten, dürften nicht länger mit der Beratung in Konfliktschwangerschaften betraut werden, „weil sie sich ganz offenbar nicht an Recht und Gesetz halten, es sogar ablehnen und offensichtlich umdeuten“, so der Vorsitzende und der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz.

Kündigung Börners

Indessen hat Börner laut des Nachrichtenmagazins idea spektrum seine Anstellung an der Capio-Elbe-Jeetzel-Klinik in Dannenberg (Niedersachsen) gekündigt. Der 55-jährige Leiter der Gynäkologie-Abteilung, der aus ethischen Gründen noch nie eine Abtreibung durchgeführt hat und auch nicht wollte, dass andere Ärzte seiner Abteilung dies tun, wenn keine medizinischen Gründe vorliegen, hat viel Kritik in den Medien für seine klare und mutige Haltung bekommen. Auch die Klinikleitung stand hinter ihm. Laut idea widersprach aber nun die deutsche Zentrale des schwedischen Capio-Konzerns, die „Capio Deutsche Klinik“, zu der die Dannenberger Klinik gehört, dieser Einstellung. Sie wolle in jedem Fall, dass weiterhin Abtreibungen vorgenommen werden. Daraufhin habe Börner seine Kündigung angeboten. Börner hatte bereits bei seiner Bewerbung gesagt, dass es unter seiner Leitung in der Abteilung keine Abtreibungen mehr geben werde. Weil er Börner unterstützt hatte, wurde nun auch der Dannenberger Klinikleiter vom Konzern von seiner Arbeit freigestellt.