Ein Schelm, wer Böses denkt, wenn der Staat ein eigenes „Schutzrecht“ für die Kinder propagiert, neben den Eltern – und in Wahrheit im Zweifel gegen die Eltern. Bestseller-Autorin Birgit Kelle kritisiert auf Einladung des Churer Bischofs Vitus Huonder den Missbrauch des Kindeswohls durch die Gender-Ideologie. Zukunft CH publiziert das von Kelle geschriebene Bischofswort zum Tag der Menschenrechte (10. Dezember 2017) im Wortlaut:

Gender Mainstreaming: An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen

Von Birgit Kelle

Wem beim Anblick eines leidenden Kindes nicht das Herz aufgeht, hat seine Menschlichkeit bereits eingebüsst. Kinder rühren unser Herz an. Instinktiv will man sie schützen, sich vor sie stellen, sie hüten, sie vor allem Bösen bewahren. Sei es vor Hunger und Kälte, oder auch nur vor den eingebildeten Monstern unter dem Kinderbettchen. Vor zwei Jahren rührte eine Fotografie halb Europa zu Herzen. Sie zeigte den kleinen Aylan Kurdi, mit drei Jahren auf der Flucht aus Syrien im Mittelmeer ertrunken. Diese Fotografie hat das Tor zu Europa damals noch ein Stück weit mehr aufgestossen, als es sowieso schon offen stand. Das ist einerseits menschlich gut, zeigt aber auch anschaulich die Gefahr, wenn die Politik das „Wohl des Kindes“ oder auch die „Rechte von Kindern“ instrumentalisiert, um politische Entscheidungen zu rechtfertigen.

Oder um es deutlicher auszusprechen: Wenn die Definition des Kindeswohles zum Spielball der Mächtigen wird, sind in der Regel viele Interessen im Spiel, und oft sind es gar nicht jene der Kinder. Nicht umsonst versuchten alle totalitären politischen Ideen der vergangenen Jahrhunderte und alle diktatorischen Regimes weltweit, sich der Kinder eines Volkes zu bemächtigen. Man hat immer wieder versucht, einen Keil in die Familien zu treiben, Eltern und Kinder zu entzweien, Kinder von ihrem Glauben und den Kirchen zu entfremden und sie so schnell wie möglich in staatlicher Obhut nach staatlichen Vorstellungen gross zu ziehen. Selbstverständlich geschah das nur zu ihrem „Wohl“. Egal ob es sich Marxismus, Leninismus, Nationalsozialismus oder Kommunismus nannte. „Die Lufthoheit über den Kinderbetten gehört uns“ – so formulierte es einst grossherrlich ein bekannter deutscher Politiker, eingefärbt in sozialdemokratische Wolle. Der Staat sollte also definieren, was gut ist für Kinder, und nicht die Eltern. Wer mit den Rechten von Kindern argumentiert, steht in der öffentlichen Debatte moralisch wohlig warm auf der Seite der Guten. Wer Kindern etwas verweigert, auf der dunklen Seite der Macht. Schliesslich wollen wir ja alle, dass sich Kinder frei entfalten, ihr ganzes Potenzial entdecken und ausleben und in ihrer Entwicklung nicht etwa behindert, sondern gefördert werden. Oder? So sicher wie das Amen in der Kirche ereilt uns alljährlich zum Weltkindertag die Debatte über die Verankerung von eigenen Kinderrechten in der Verfassung. So als wären Kinder nicht auch Menschen, und somit durch die universalen Menschenrechte bereits hinreichend berücksichtigt. Ein Schelm, wer Böses denkt, wenn der Staat ein eigenes „Schutzrecht“ für die Kinder propagiert, neben den Eltern – und in Wahrheit im Zweifel gegen die Eltern.

Wie die Definition des „Kinderwohls“ zu einem Instrument der Indoktrination von Kindern umgedeutet wird, zeigt sich nämlich gerade in allen europäischen Ländern, die unter dem Deckmantel von „Bildung“ die neue Ideologie des Gender Mainstreaming mit ihren unheiligen Beibooten, der „sexuellen Vielfalt“, der „Gleichstellung der Geschlechter“ und der „Bildung zu Toleranz“ in unsere Klassenzimmer schleusen wollen. Da heiss es dann plötzlich, Kinder hätten ein eigenes Recht auf Sexualität, auch gegen den Willen ihrer Eltern. Ein Recht auf Wissen um diverse sexuelle Orientierungen bis hin zu Sexualpraktiken. Da spriessen zweifelhafte „Gender-Experten“ aus dem Boden, mit Sexualkunde-Plänen schon für Kindergartenkinder. Hat nicht gar die WHO als weltweit tätige Gesundheits-Organisation definiert, dass man bei Kindern bereits ab vier Jahren (!) möglichst mit der sexuellen Bildung beginnen sollte? Längst existiert Lehrmaterial, das Kinder nicht etwa in ihrer gesunden Entwicklung als Mädchen und Jungen bestärken oder in ihrer Identitätsbildung festigen soll, sondern diese sogar explizit zerstören will.

Wer sich nämlich eine Gender-Ideologie zu eigen macht, die im Unterschied zwischen Mann und Frau nicht etwa die wunderbare Schöpfung Gottes erkennt, sondern die Unterdrückung der Vielfalt von Geschlechtern, der hat den Boden der Realität schon lange verlassen. Wie Pilze spriessen derzeit Gender-Lehrstühle aus dem Boden, die ständig nicht nur neue „Geschlechter“ schaffen, sondern statt Lösungen immer mehr Probleme. Längst hat sich eine Bewegung, die einst antrat, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu schaffen, zu Handlangern von Lobbyisten der so genannten „sexuellen Vielfalt“ machen lassen. Nutzt es unseren Kindern, wenn wir in Zweifel ziehen, ob sie Junge oder Mädchen sind, wenn wir ihnen keine Moral, keinen Anstand auf den Weg geben, sondern sexuelle Freizügigkeit von Kindesbeinen an? Oder haben wir nicht gar als Eltern sogar die Pflicht, unsere Kinder vor solchen Einflüssen zu schützen? Weil sie unsere Kinder sind, und wir unsere Werte und unseren Glauben, unsere Vorstellungen von Falsch und Richtig an sie weiter reichen wollen und im Sinn des Rechtes der Eltern auf Erziehung auch explizit dürfen?

„An ihren Früchten werdet Ihr sie erkennen,“ steht bei Matthäus (7, 16). Deswegen dürfen wir nicht stehen bleiben bei den blumigen Formulierungen über Toleranz unter dem Regenbogen, die man uns zum Thema Gender vorsetzt. Wir sollten auf das schauen, was im Namen von „Gender“ tatsächlich politisch umgesetzt wird. Und da muss die Frage erlaubt sein, warum es eigentlich als Straftat gilt, wenn ein Erwachsener einem anderen Erwachsenen seine Sexualität ungefragt aufdrängt. Dann sprechen wir selbstverständlich von Belästigung und Nötigung. Wenn aber in den Kindergärten und Schulen Erwachsene den Kindern die Sexualität von Erwachsenen aufdrängen in Wort und Bild, dann wird aus der Straftat plötzlich „kindliche Bildung“.

Und dann gibt es da ja noch die guten Taten, die wir als Gesellschaft gar nicht mehr leisten. Die Sünden, die wir durch unterlassene Hilfeleistung zulassen, während wir über Kinderrechte reden. Auch an diesen Unterlassungen sollten wir die Gesellschaft und ihre Ambitionen messen. Denn in welcher weltweiten Charta schützen wir eigentlich das Kinderrecht, geboren zu werden? Das Recht auf Leben von Anfang an? Wir schützen also das Recht von Vierjährigen, zu wissen, wie Kinder gezeugt werden, nicht aber ihr Recht auf die Welt zu kommen. Es ist noch freundlich, das als Zynismus zu bezeichnen. Wo ist das Recht von Kindern, nicht schon früh von ihren Eltern getrennt zu werden? Etwas, was wir im Namen von Tierschutz-Rechten jedenfalls Hundewelpen zugestehen. Es gibt kein Gesetz, dass Kinder davor schützt, zu jung von ihrer Mutter getrennt zu werden. Und wer schützt behinderte Kinder davor, im Mutterleib getötet zu werden, weil sie nicht den Ansprüchen einer perfekten Welt genügen? Wer schützt das Recht von Kindern, überhaupt bei ihren biologischen Eltern gross zu werden, bei Mutter und Vater, die es gezeugt haben und nicht in einer künstlich zusammen gewürfelten modernen Familienkonstellation? Gerade entsteht nicht zuletzt im Namen von „Gender-Gerechtigkeit“ eine neue Form von Kinderhandel, unter dem hübschen Pseudonym „Leihmutterschaft“. Nur, dass die Mutter nicht geliehen wird, sondern ihr Bauch als Brutstätte ausgenutzt wird und das Kind danach an Fremde verkauft wird. Ein perfider Service, der gerne vor allem durch homosexuelle Paare genutzt wird, die naturgemäss kein Kind zeugen können. Aber durchaus bereit sind, eines zu kaufen.

Oh ja, Kinderrechte sind ein wichtiges Thema, und wir sollten sie schützen. Wir sollten mit dem elementarsten dieser Rechte anfangen: Das Recht der Kinder, überhaupt das Licht dieser wunderbaren Welt zu erblicken.